Bei einer Konferenz der Vereinten Nationen (UN) in Genf sollen Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau gesammelt werden. „Dies war eine klimabedingte Katastrophe, es ist also ein globales Problem“, sagte der Vertreter des UN-Nothilfebüros in Pakistan, Knut Ostby, in Genf.
Nach heftigen Monsunregenfällen stand in Pakistan im Sommer 2022 zeitweise ein Drittel des Landes unter Wasser. Zum Vergleich: Das Land ist nach Fläche mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Die südlichen Provinzen Sindh und Baluchistan erlebten im August sieben bis acht mal so viel Regen wie sonst üblich. Der Fluss Indus überschwemmte tausende Quadratkilometer Land.
Mehr als 1700 Menschen starben nach Überschwemmungen
Nach Behördenangaben kamen mehr als 1700 Menschen ums Leben, acht Millionen mussten vor den Fluten ihre Städte und Dörfer verlassen. Mehr als zwei Millionen Häuser, 13.000 Kilometer Straßen, fast 450 Brücken und mehr als 1,6 Millionen Hektar Agrarland sowie Kliniken und Trinkwasserreservoirs wurden beschädigt oder zerstört.
Die Vereinten Nationen befürchten, dass wegen der Katastrophe zusätzlich neun der 225 Millionen Einwohner in die Armut abrutschen. Das Land steht auf Platz 161 von 191 Ländern auf dem Index der menschlichen Entwicklung des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP). Das Vertrauen der Gesellschaft in die politische Führung ist nicht groß. Millionen Menschen leben ohne Aussicht auf Besserung als Tagelöhner in bitterer Armut. Ein beträchtlicher Teil des Staatshaushalts wird für das mächtige Militär ausgegeben, das über Atomwaffen verfügt.
Pakistan ist nicht der Verursacher
Kurz vor den Überschwemmungen kam ein Bündnis aus Politikern an die Macht, die sich in der Vergangenheit immer wieder gegen Korruptionsvorwürfe wehren mussten. Bei aller Kritik an der Regierungsführung und den Finanzprioritäten ist aber klar: Pakistan hat immer schon Unwetterkatastrophen erlebt, sie werden durch den Klimawandel allerdings deutlich verschärft.
Ein Team um die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto hat berechnet, dass der Klimawandel die maximale Regenmenge über einen Fünf-Tage-Zeitraum in den südlichen Provinzen um bis zu 50 Prozent erhöht hat. „Kein Land hat so ein Schicksal verdient, aber besonders kein Land wie Pakistan, dass praktisch nichts zum Klimawandel und dem Temperaturanstieg beigetragen hat“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres bei einem Besuch im Krisengebiet.
Industrieländer sind verantwortlich
Für den Anstieg der Temperaturen sind vor allem die Industrieländer verantwortlich. Sie haben die Industrialisierung mit fossiler Energie vorangetrieben und dadurch den großen Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase verursacht. Inzwischen tragen auch China, Indien und andere Länder zum Anstieg der Treibhausgase bei.
Die Nothilfe nach den Überschwemmungen kam nur schleppend voran. Von den 470 Millionen Dollar der Soforthilfen, die die UN veranschlagten, kam weniger als die Hälfte zusammen. Nun geht es um langfristige Hilfe. Pakistan will das Land für die Zukunft gegen ähnliche Katastrophen besser wappnen. Dafür sind nach Schätzungen gut 16 Milliarden Dollar nötig. Die Hälfte will Pakistan selbst aufbringen, der Rest soll von ausländischen Partnern kommen.
Berlin sagt zusätzlich 85 Millionen Euro zu
Die Bundesregierung will Pakistan bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen. Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, wolle bei der UN-Konferenz in Genf zusätzlich 84 Millionen Euro zusagen, teilte das Ministerium mit. Mit den neuen Mitteln sollen etwa Regenrückhaltebecken und Entwässerungssysteme finanziert werden. Die Bundesregierung hatte nach den Überschwemmungen im Sommer bereits 67 Millionen Euro für den Wiederaufbau wichtiger Infrastruktur und die Bewältigung der sozialen Folgen zugesagt. „Das ist eine Krise, die Pakistan nicht alleine bewältigen kann“, teilte Flasbarth mit.
Als erstes soll mit dem auf der Geberkonferenz in Genf eingesammelten Geld das teils unter Schlammschichten liegende Agrarland wieder hergestellt werden, damit die Menschen ihren Lebensunterhalt wieder verdienen können. Ebenso sollen neue Schulen, Kliniken, Häuser und Straßen so gebaut werden, dass sie neuen Überschwemmungen standhalten können.