Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat neue Sanktionen gegen den Finanzsektor Russlands erlassen, um die Kriegswirtschaft des Aggressors zu schwächen. Belegt mit Strafmaßnahmen sind demnach nicht nur Vertreter des Bankenwesens in Russland, sondern auch die Moskauer Börse.
„Heute gibt es einen neuen Sanktionsschritt unseres Staates gegen all jene, die die russische Aggression speisen“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Die Sanktionen seien Grundlage für Verbündete im Westen, ebenfalls solche Strafmaßnahmen zu erlassen.
Der Präsident informierte zudem darüber, dass er sich von Generälen über die Lage an der Front habe informieren lassen. Details nannte er nicht. „Die Situation ist sehr schwierig“, sagte er mit Blick auf die Kämpfe im Osten der Ukraine.
Blinken warnt vor Waffenlieferungen Chinas an Russland
China erwägt nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken, Russland im Ukraine-Krieg mit Waffen zu unterstützen. „Die Sorge, die wir jetzt auf Grundlage der uns vorliegenden Informationen haben ist, dass sie die Bereitstellung tödlicher Unterstützung erwägen“, sagte Blinken mit Blick auf China im Fernsehsender CBS.
Bei einem Treffen mit Chinas Außenpolitiker Wang Yi auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatte Blinken China vor „Konsequenzen“ einer Unterstützung Russlands gewarnt. Auf die Frage, was eine „tödliche Unterstützung“ umfasse, sagte der Außenminister im Sender CBS: „alles von Munition bis zu den Waffen selbst“. Jegliche Waffenlieferung an Moskau würde „ernste Probleme“ verursachen, warnte Blinken.
US-Präsident Joe Biden habe den chinesischen Staatschef Xi Jinping bereits im vergangenen März vor Waffenlieferungen an Russland gewarnt, sagte Blinken dem amerikanischen Sender ABC. Seither habe China darauf geachtet, „diese Linie nicht zu überschreiten“, hieß es aus Regierungskreisen in Washington.
Högl: Industrie muss Kapazitäten aufbauen
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), dringt auf langfristige Finanzzusagen der Politik für die Rüstungsindustrie und eine Vereinfachung des Vergabeverfahrens. „Die Industrie muss jetzt schleunigst Produktionskapazitäten aufbauen und dafür braucht sie auch Zusagen aus der Politik, dass das finanziert wird – und zwar über den Bundeshaushalt 2024 hinaus“, sagte Högl dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Zusätzlich zu dem von der Bundesregierung nach dem russischen Überfall auf den Weg gebrachten Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro müsse der Verteidigungsetat auf jeden Fall um zehn Milliarden Euro aufgestockt werden. „Wir brauchen das Geld, aber auch bessere Verfahren und Strukturen. Es muss alles viel schneller gehen.“ Das betreffe die Neubeschaffung sowie die Wiederbeschaffung des Geräts, das an die Ukraine abgegeben werde.
„Wir müssen die gesetzlichen Hürden, die Rechtsvorschriften vereinfachen“, betonte Högl. „Das fängt beim europäischen Vergaberecht an.“ Beschaffungsprobleme bestünden in allen europäischen Mitgliedstaaten. Allein der Rüstungskonzern Airbus wartet derzeit auf Exportgenehmigungen der Bundesregierung im Wert von mehreren Milliarden Euro.
DIW: Krieg kostet Deutschland hunderte Milliarden
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, erwartet durch den Ukraine-Krieg weiter steigende Kosten für die deutsche Wirtschaft und hohe Wachstumsverluste. „Der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Explosion der Energiekosten hat Deutschland im Jahr 2022 knapp 2,5 Prozent oder 100 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung gekostet“, sagte Fratzscher der Düsseldorfer Zeitung „Rheinische Post“.
Diese Kosten würden in den kommenden Jahren weiter zulegen. „Deutschland ist wirtschaftlich stärker von der Krise betroffen, weil es eine höhere Abhängigkeit von russischer Energie hatte, einen hohen Anteil an energieintensiver Industrie hat und extrem abhängig von Exporten und globalen Lieferketten ist“, so Fratzscher.
„Der Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist noch nicht entstanden, wird aber dann entstehen, wenn die Unternehmen die ökologische, wirtschaftliche und digitale Transformation nicht massiv beschleunigen“, fügte der Ökonom hinzu. Denn höhere Energiepreise blieben in den kommenden zehn Jahren ein deutlicher Wettbewerbsnachteil, sodass Politik und Unternehmen dies durch höhere Innovation und Produktivität kompensieren müssten.
Selenskyj: Macron verschwendet seine Zeit
Der französische Präsident Emmanuel Macron wird sich nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vergeblich um einen Austausch mit Russland bemühen. „Es wird ein erfolgloser Dialog sein“, erklärte Selenskyj laut der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ als Reaktion auf Macrons Äußerung, wonach der Konflikt durch Verhandlungen beigelegt werden müsse.
„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht in der Lage sind, die russische Haltung zu ändern“, zitiert das Blatt den ukrainischen Präsidenten weiter. „Wenn sie beschlossen haben, sich in dem Traum vom Wiederaufbau des alten Sowjetimperiums zu isolieren, können wir nichts dagegen tun. Es liegt an ihnen, sich für oder gegen eine Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft der Nationen auf der Grundlage gegenseitigen Respekts zu entscheiden.“
Selenskyj wies demnach Darstellungen zurück, es seien die westlichen Sanktionen gewesen, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Isolation getrieben haben. „Es war vielmehr die Entscheidung, den Krieg zu beginnen, die Putin an den Rand gedrängt hat.“