Ukraine aktuell: Scholz warnt vor Schein-Frieden

Von | 20. September 2023

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat sich in seiner Rede bei der UN-Generaldebatte in New York hinter die internationalen Bemühungen um Frieden in der Ukraine gestellt. „Zugleich müssen wir uns vor Schein-Lösungen hüten, die ‚Frieden‘ lediglich im Namen tragen“, mahnte Scholz. „Denn: Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung. Frieden ohne Gerechtigkeit nennt man Diktat. Das muss nun endlich auch Moskau verstehen.“ 

Den russischen Präsidenten Wladimir Putin forderte Scholz erneut auf, den Krieg zu beenden. „Vergessen wir nicht: Russland ist für diesen Krieg verantwortlich. Und es ist Russlands Präsident, der ihn mit einem einzigen Befehl jederzeit beenden kann.“

Scholz sagte weiter, die Ukrainerinnen und Ukrainer würden „um ihr Leben und ihre Freiheit kämpfen, um die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität ihres Landes, um die Wahrung genau der Prinzipien, denen wir alle uns in der UN-Charta verpflichtet haben“. Der russische Angriffskrieg stürze aber nicht nur die Ukraine in großes Leid, fügte Scholz hinzu. „Unter Inflation, wachsender Verschuldung, Düngemittelknappheit, Hunger und steigender Armut leiden Bürgerinnen und Bürger weltweit.“

Scholz warb in seiner Rede auch für eine Reform des seit langem blockierten UN-Sicherheitsrats. Die Zusammensetzung des Gremiums, das mit den USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien fünf ständige Mitglieder hat, sei überholt. „Afrika gebührt mehr Gewicht, so wie auch Asien und Lateinamerika.“ Den deutschen Wunsch nach einem eigenen ständigen Sitz im höchsten UN-Gremium wiederholte der Scholz nicht ausdrücklich, sondern erwähnte die deutsche Kandidatur für einen zweijährigen, nichtständigen Sitz 2027/28.

Ukraine sichert der Welt Getreidelieferungen zu

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der Weltgemeinschaft versichert, trotz des russischen Angriffs auf sein Land, die „Ukraine bleibt Garant globaler Ernährungssicherheit“ und werde dies niemals aufgeben. Niemand habe von der Ukraine erwartet, dass sie die russische Flotte aus ihren Schwarzmeergewässern verdrängen und so mehr Routen für Getreidelieferungen habe schaffen können, sagte Selenskyi bei einem UN-Gipfel zur nachhaltigen Entwicklung, der zeitgleich zur Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York stattfindet. Lebensmittelexporte aus der Ukraine hätten trotz widriger Bedingungen unter anderem Algerien, Dschibuti, Ägypten, Kenia, Libyen, Libanon, Marokko, Somalia, Tunesien und Bangladesch erreicht.

Selenskyi und Biden warnen UN-Mitglieder vor Russland

Zuvor hatte Selenskyj in seiner Rede während der UN-Vollversammlung Kremlchef Wladimir Putin vorgeworfen, Lebensmittel und Energie als Waffen einzusetzen. Zugleich warnte er, Russland habe im vergangenen Februar nicht nur die Ukraine angegriffen, sondern stelle auch für andere Länder eine große Gefahr dar. Er forderte außerdem den Abzug der russischen Truppen aus den besetzten Gebieten und kündigte einen globalen Friedensgipfel an, den seine Regierung vorbereite.

Mit der Verschleppung von Kindern aus der Ukraine begehe Russland Völkermord. In seiner Rede sagte Selenskyj, diesen Kindern werde in Russland beigebracht, die Ukraine zu hassen. Alle Verbindungen zu ihren Familien würden zerbrochen.

USA New York | 78. UN-Generalversammlung | Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine
Präsident Selenskyj nahm zum ersten Mal seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges persönlich an der UN-Generaldebatte in New York teilBild: Brendan McDermid/REUTERS

US-Präsident Biden rief in seiner Rede die Vereinten Nationen auf, auch aus Selbstschutz dem Angriffskrieg gegen die Ukraine Einhalt zu gebieten. 

UN-Sicherheitsrat befasst sich in offener Sitzung mit Russlands Angriffskrieg

Der UN-Sicherheitsrat in New York befasst sich an diesem Mittwoch in einer offenen Sitzung mit dem russischen Angriffskrieg. Bei dem Treffen am Rande der UN-Generaldebatte werden unter anderem Präsident Wolodymyr Selenskyj, Bundeskanzler Olaf Scholz und der russische Außenminister Sergej Lawrow sprechen. Der Sicherheitsrat als das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen ist im Ukraine-Krieg blockiert, weil Russland als eines der fünf ständigen Mitglieder ein Veto-Recht hat.

US-Reporter Gershkovich bleibt in russischer Haft

Der wegen angeblicher Spionage festgenommene US-Reporter Evan Gershkovich bleibt vorerst weiter in russischer U-Haft. Das Moskauer Stadtgericht kam einer Beschwerde von Gershkovichs Verteidigern gegen die kürzlich verlängerte U-Haft nicht nach, sondern leitete sie an eine andere Instanz weiter, wie die russische Staatsagentur TASS meldete.

Das Stadtgericht begründete dies den Angaben zufolge mit angeblichen und nicht näher genannten „Umständen“, die das Beschwerdeverfahren vor dem Stadtgericht derzeit nicht möglich machten. Der 31-jährige Journalist des renommierten „Wall Street Journal“ („WSJ“) war im März in der russischen Millionenstadt Jekaterinburg im Ural vom Geheimdienst FSB festgenommen worden. Zuletzt wurde seine Untersuchungshaft bis Ende November verlängert.

Russland | WSJ Reporter Evan Gershkovich vor Gericht in Moskau
Evan Gershkovich vor Gericht in Moskau (Archivbild)Bild: Evgenia Novozhenina/REUTERS

Ihm wird zur Last gelegt, geheime Informationen über die russische Rüstungsindustrie für US-Stellen gesammelt zu haben. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft. Das „WSJ“ weist das zurück. Gershkovich sei mit einer offiziellen Akkreditierung seiner Arbeit nachgegangen. Auch die US-Regierung fordert die sofortige Freilassung des Korrespondenten.

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