Gut eine Woche nach Beginn der Kämpfe im Sudan werden immer mehr ausländische Staatsangehörige außer Landes gebracht. Auch die Bundeswehr startete einen Evakuierungseinsatz. Ein erster Airbus A400M der Bundeswehr mit 101 Personen sei bereits in Jordanien gelandet, teilte die Bundeswehr in der Nacht zum Montag mit. Ein weiterer Airbus mit 113 evakuierten Personen sei noch auf dem Rückweg nach Jordanien.
Der Einsatz, an dem insgesamt mehr als 1000 Männer und Frauen der Bundeswehr beteiligt sind, wurde seit Tagen vorbereitet. Insgesamt hätten am Sonntag drei Airbus A400M den Sudan erreicht, um Personen aufzunehmen, hieß es aus dem Verteidigungsministerium.
Auf einer Krisenliste sollen sich nach Ministeriumsangaben mehr als 300 Deutsche befinden, die das Land verlassen wollen. Hinzu kämen weitere zu schützende Personen überwiegend aus europäischen Staaten ohne eigene Evakuierungsmöglichkeiten. Diese sollten im Rahmen der Möglichkeiten ebenfalls ausgeflogen werden.
Die Bundeswehr hat dazu in Abstimmung mit dem sudanesischen Militär auf einem Landeplatz bei Khartum einen Operationspunkt eingerichtet. An dem Einsatz sind Fallschirmjäger der Luftlandesbrigade 1 beteiligt und auch das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr.
Für die Vorbereitungen waren seit Tagen A400M-Militärtransporter zwischen dem Fliegerhorst Wunstorf (Niedersachsen) und dem von der Bundeswehr genutzt Militärflughafen Al-Asrak in Jordanien unterwegs. Über diesen erfolgt auch der Rückweg.
In Khartum verschlechtert sich die Versorgungslage seit dem Beginn der Kämpfe dramatisch. Es fehlen Wasser und Lebensmittel, Stromabschaltungen beeinträchtigen zunehmend die Kommunikation.
US-Botschaft evakuiert
Am Sonntagmorgen war bereits die US-Botschaft in Khartum evakuiert worden, wie Präsident Joe Biden bestätigte. Alle amerikanischen Diplomaten und ihre Familien seien in Sicherheit gebracht worden, teilte das Weiße Haus in Washington mit. Die Botschaft wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Auch Großbritannien brachte nach Angaben von Premierminister Rishi Sunak seine diplomatischen Mitarbeiter und Familienangehörige aus dem Sudan in Sicherheit. Frankreich hat nach Angaben der Regierung in Paris ebenfalls einen Einsatz zur Evakuierung von Diplomaten und französischen Staatsbürgern begonnen und bislang etwa 100 Menschen in Sicherheit gebracht.
Laut Diplomaten hatten die sudanesische Armee und die mit ihr verfeindete Miliz RFS zuvor Sicherheitsgarantien für den Evakuierungseinsatz abgegeben. Demnach leben rund 250 Franzosen im Sudan. Auch die niederländische Regierung berichtete von einer entsprechenden „Operation“, an der mehrere Länder beteiligt seien, ebenso Italien.
„Alle Italiener, die darum gebeten hatten, den Sudan zu verlassen, sind in Sicherheit und im Flugzeug auf dem Weg nach Dschibuti“, teilte Italiens Außenminister Antonio Tajani am späten Sonntagabend mit. „Ich bin stolz auf die Teamarbeit, die zum Erfolg dieser heiklen und komplexen Evakuierungsaktion geführt hat“. Von Dschibuti aus sollen die Evakuierten nach Italien geflogen werden.
Auch Spanien hat am Sonntag laut Außenminister José Manuel Albares eigene Zivilisten und Diplomaten sowie Menschen anderer Nationalitäten aus dem Sudan ausgeflogen. Man habe nicht nur Spanier und Mitarbeiter der spanischen Botschaft sondern auch Bürger anderer europäischer Länder sowie Menschen aus Staaten Lateinamerikas in Sicherheit gebracht. Es habe dabei keine Zwischenfälle gegeben.
EU-Botschafter bleibt im Land
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Diplomaten wird EU-Botschafter Aidan O’Hara trotz der Kämpfe weiter im Sudan arbeiten. Das Personal der Vertretung werde aber aus der von schweren Gefechten getroffenen Hauptstadt in Sicherheit gebracht, ließ der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Sonntagabend verlauten.
Borrell dankte dem französischen diplomatischen Dienst, der französischen Armee und dem Nachbarstaat Dschibuti, mit deren Hilfe die Evakuierung ermöglicht worden sei. Die EU sei zudem „weiterhin entschlossen, die Waffen zum Schweigen zu bringen und allen Zivilisten zu helfen, die zurückgeblieben sind“. Kurz zuvor hatte Borrell getwittert, dass er mit den Anführern beider Konfliktparteien gesprochen und eine sofortige Waffenruhe und den Schutz von Zivilisten gefordert habe.
Im Sudan ringen derzeit De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan und sein Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, genannt „Hemeti“, um die Macht. Al-Burhan ist Oberbefehlshaber der sudanesischen Armee, Daglo ist Anführer der paramilitärischen Miliz RSF. Bei den Kämpfen starben zahlreiche Menschen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von mindestens 413 Todesopfern und mehr als 3500 Verletzten. Die tatsächliche Opferzahl dürfte noch weitaus höher sein. Mehrere vereinbarte Feuerpausen wurden nicht eingehalten.
Nach Angaben einer Reporterin der Deutschen Presse-Agentur vor Ort funktioniert das Internet in dem umkämpften Land seit Sonntagmorgen nicht mehr. Es blieb unklar, ob eine der Konfliktparteien das Netzwerk absichtlich blockiert oder ob die Infrastruktur durch Luftangriffe zerstört ist.
Auslöser der schweren Gefechte war ein Streit über Details der Eingliederung der RSF in das Militär – als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung im Sudan. Das Militär hatte im Oktober 2021 geputscht und regiert seitdem das Land, das zu den ärmsten der Erde gehört. Millionen Menschen dort sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.