Vor rund eineinhalb Monaten trat in Spanien ein Gesetz zur Amnestie für Separatisten in Kraft. Doch die Maßnahme der Regierung ist umstritten und löste monatelange Proteste aus. Nun kommt sie sogar vor das Verfassungsgericht.
Das umstrittene Gesetz zur Amnestie für katalanische Separatisten kommt vor das Verfassungsgericht. Das entschied der Oberste Gerichtshof in Madrid. Man sei überzeugt, dass das vor rund eineinhalb Monaten in Kraft getretene Gesetz verfassungswidrig sei, weil es unter anderem gegen das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Willkürverbots verstoße, hieß es in der Mitteilung der fünf Richter der zweiten Kammer des Tribunals Supremo.
Die Amnestie und andere Zugeständnisse hatte Ministerpräsident Pedro Sánchez den „Catalanistas“ zugesagt, um sich die Stimmen von zwei separatistischen Parteien für seine Wiederwahl im November zu sichern. Der Verabschiedung des „Gesetzes für die institutionelle, politische und soziale Normalisierung in Katalonien“ im Parlament Ende Mai waren hitzige Debatten und mehrere Abstimmungen vorangegangen.
Mehrere Separatisten kehrten bereits zurück
Mehrere Separatisten, die vor der spanischen Justiz ins Ausland geflüchtet waren, konnten nach Inkrafttreten in die Heimat zurückkehren, ohne festgenommen zu werden. Unter ihnen war auch die einflussreiche katalanische Separatisten-Chefin Marta Rovira, die sich sechs Jahre im Exil in der Schweiz befand.
Mit vier Mitstreitern überquerte die 47-Jährige Mitte Juli in einem Auto die Grenze zwischen Frankreich und Katalonien. Kurz danach hielt sie in Cantallops eine kämpferische Rede: „Wir sind zurückgekommen, um das zu beenden, was wir unvollendet gelassen haben“, rief sie unter dem Jubel vieler Anhänger und Mitstreiter. Die verschiedenen Vertreter der Bewegung müssten wieder vereint agieren. „Diese demokratische und unaufhaltsame Bewegung wird aber niemals Gewalt anwenden, um ihre Ideen zu verteidigen“, sagte sie ebenfalls.
Haftbefehl für Puigdemont nicht aufgehoben
In einigen Fällen wurden die Haftbefehle von den zuständigen Richtern bislang aber nicht aufgehoben. Das gilt unter anderem für den früheren Regionalregierungschef Carles Puigdemont.
Der 61-Jährige, der seit dem illegalen Unabhängigkeitsreferendum vom Herbst 2017 in Belgien im Exil lebt, versicherte, er werde trotzdem zurückkehren. Er wolle nach der jüngsten Regionalwahl vom Mai im Parlament in Barcelona an den Debatten über die Bildung der neuen Regierung teilnehmen und sich um den Posten des Regionalpräsidenten bewerben.
Die Sozialisten von Sánchez und Spitzenkandidat Salvador Illa hatten bei der Wahl zwar die meisten Sitze errungen, die absolute Mehrheit aber verfehlt. Aber auch die verschiedenen für Unabhängigkeit eintretenden Parteien verpassten erstmals seit 1980 zusammen eine regierungsfähige Mehrheit. Das wertete Sánchez als Erfolg seiner Appeasement-Politik. Wenn es aber bis zum 26. August keine neue Regierung gibt, muss in der Region im Nordosten Spaniens eine Neuwahl ausgerufen werden.