Siemens will die Hälfte seines zwei Milliarden Euro schweren Investitionsprogramms in Deutschland ausgeben. Allein eine halbe Milliarde Euro soll in den Ausbau des Elektronikwerks im fränkischen Erlangen fließen, wie der Vorstandschef des Münchner Technologiekonzerns, Roland Busch, am Donnerstag sagte: „Wir investieren in Deutschland, weil wir an den Erfindergeist und die Innovationskraft glauben.“ In dem Werk produziert und entwickelt die Industrieautomatisierungs-Sparte (DI) mit 3500 Mitarbeitern Leistungselektronik und Werkzeugmaschinen-Steuerungen. Die Nachfrage nach digitaler Industrietechnik sei stark, sagte Busch.
Derzeit werde viel über die Herausforderungen der deutschen Wirtschaft diskutiert, sagte Busch. „Die Energiepreise sind hoch. Steuern und Löhne auch. Viel zu viel Bürokratie, die Infrastruktur bröckelt. Und es fehlen Fachkräfte.“ Viele Unternehmen investierten derzeit lieber im Ausland, sagte er. Dass Siemens in Deutschland investiere und sich damit „nicht als Geisterfahrer“ fühle, liege unter anderem daran, dass es hierzulande, etablierte, erfolgreiche wirtschaftliche Ökosysteme gebe. Zudem seien Talente, Fachkräfte und Infrastruktur für den Konzern wichtiger als die Energiepreise, denn Siemens sei kein energieintensives Unternehmen.
China-Strategie der Bundesregierung „in die richtige Richtung“
Buschs Ankündigung ist Teil der Investitionen von weltweit zwei Milliarden Euro, die Siemens im Juni in Aussicht gestellt hat. Busch hatte damals den Bau eines dritten Werks für Steuerungstechnik in Singapur verkündet. Damit will Siemens den großen Bedarf in Südostasien decken und sich zugleich von China unabhängiger machen, wo das Werk in Chengdu mehr für den Bedarf in China selbst produzieren soll. Das passt zur China-Strategie der Bundesregierung, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte beim Besuch des Siemens-Werks, die Devise mit Blick auf China sei, Risiken abzubauen, statt sich zu entkoppeln. „Diese Strategie erkenne ich bei Siemens auch.“
Busch sagte, die Pläne der Bundesregierung gingen in die richtige Richtung. Er ist auch Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Für viele Unternehmen sei China der größte Markt – und ein wachsender Markt. „Wir glauben an Handel und Austausch – und daran, dass die Welt globaler wird“, sagte Busch. In Deutschland komme Siemens zugute, dass seine Produktion kaum energieintensiv sei und der Konzern daher von den hohen Energiepreisen kaum betroffen sei. „Wichtig für uns ist es, Talente zu kriegen.“
Mit den Investitionen werde der Standort Erlangen zum Kern für die Technologie des „industriellen Metaverse“, in dem sich reale und digitale Welt gegenseitig unterstützten. „Wir revolutionieren die Art, wie wir produzieren“, sagte Busch. Die Produktion in dem 50 Jahre alten Elektronikwerk in Erlangen soll um 60 Prozent ausgebaut und die Produktpalette erneuert werden. Zudem werde das Areal erweitert. Dabei dürften auch Arbeitsplätze entstehen. „Wenn sie die Produktion um 60 Prozent erweitern, brauchen sie auch Menschen“, sagte Siemens-Vorstand Cedrik Neike, der für die Sparte Digtal Industries (DI) zuständig ist.
Bereits verkündet hatte Siemens Investitionen in den „Campus Erlangen“ – den zweiten Standort in der Universitätsstadt – und die Halbleiter-Fertigung der Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers in Forchheim sowie in Frankfurt.