Sachsen will eigenen Straftatbestand für Bedrohung von Politikern

Von | 7. Mai 2024

Mitten im Zentrum von Dresden wird ein SPD-Politiker krankenhausreif geschlagen – nach dem Entsetzen über den Angriff auf den Politiker Ecke werden Konsequenzen gefordert. Sachsens Regierung schlägt vor, einen neuen Straftatbestand einzuführen.

Nach gewaltsamen Angriffen auf Politiker – wie den sächsischen SPD-Mann Matthias Ecke – reißen die Rufe nach Konsequenzen nicht ab. Während die Innenminister von Bund und Ländern bei einer Sondersitzung am Abend über konkrete mögliche Maßnahmen sprechen wollen, ist im politischen Umfeld die Einigkeit darüber groß, dass Mandatsträger und politisch Engagierte besseren Schutz brauchen.

Herbert Reul, CDU, zu Maßnahmen gegen Angriffe auf Politiker

Morgenmagazin, 07.05.2024 08:00 Uhr

Der sächsische Innenminister Armin Schuster kündigte eine Initiative seines Bundeslandes im Bundesrat an, um im Strafgesetzbuch die Bedrohung von Amts- und Mandatsträgern gesondert zu regeln. Das sächsische Kabinett will diese noch heute beschließen. Der CDU-Politiker Schuster sagte in den tagesthemen, der Rechtsstaat müsse Zähne zeigen. Binnen 48 Stunden habe die Polizei vier Tatverdächtige zu dem Angriff auf Ecke in Dresden ermittelt. „Das soll ein deutliches Signal sein.“

Diskussion über neuen Straftatbestand

„Wir brauchen einen neuen Straftatbestand im Strafgesetzbuch für die Bedrohung von Amts-, Mandatsträgern und Ehrenamtlern“, forderte der CDU-Politiker Schuster. Das sei im Moment rechtlich noch schwer greifbar.

Sachsens Justizministerin Katja Meier betonte dazu im Tagesspiegel, in das Strafgesetzbuch solle ein Paragraf eingeführt werden, der die „Beeinflussung staatlicher Entscheidungsträger“ unter Strafe stelle. Meier zeigte sich optimistisch, dass sich die übrigen Länder und der Bund der sächsischen Bundesratsinitiative anschließen werden. „Bei den Landesinnenministern gibt es viel Zustimmung“, sagte sie.

Schuster rief Bundesjustizminister Marco Buschmann diesbezüglich zur Mitwirkung auf. Dieser zeigte sich seinerseits gesprächsbereit. „Wir müssen jetzt diskutieren, ob es bessere Schutzkonzepte braucht, ob man mehr Präsenz von Polizei beispielsweise in Einkaufszonen hat, wo häufig die Infostände der Parteien stehen“, sagte der FDP-Politiker dem Fernsehsender Phoenix.

„Signal der Stärke“ von Innenministern gefordert

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke forderte vor der Innenministerkonferenz ein „Signal der Stärke“. „Angst zu haben oder sich einschüchtern zu lassen, wäre genau das falsche Signal“, sagte Woidke, der auch Landesvorsitzender der Brandenburger SPD ist, der Nachrichtenagentur dpa. „Das ist genau, was nicht passieren darf.“

Der offene Diskurs müsse weitergehen. Woidke fordert eine konsequente Reaktion der Innenminister: „Ich erwarte, dass ein Signal kommt, dass der vorhandene Rechtsrahmen vollumfänglich ausgeschöpft wird, dass wir vielleicht in diesem Bereich auch zu schnelleren Verfahren kommen“, sagte er dem rbb.

Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach spricht sich für schärfere Strafen aus. Er sagte der Zeitung „Neue Westfälische“, man könne „Gesetze machen und das Strafmaß deutlich erhöhen, um Gewalt gegen Kommunalpolitiker härter zu bestrafen“, sagte der SPD-Politiker. „Man muss bei Strafen mit Abschreckung arbeiten. Wenn wir wollen, dass Kommunalpolitik noch funktioniert, dann müssen wir die Leute schützen.“

Städte und Kommunen für Maßnahmen gegen Übergriffe

Eine Verschärfung des Strafrechts hält auch der Deutsche Städtetag für angebracht. Präsident Markus Lewe sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Nachstellungen, Aufmärsche vor Wohnhäusern und Bedrohungen wie ‚Wir wissen, wo Du wohnst und wo Deine Kinder zur Schule gehen‘, müssen geahndet werden können. Das gehört ins Strafgesetzbuch.“ Lewe, der Oberbürgermeister in Münster ist, forderte zudem Schwerpunktstaatsanwaltschaften, um „schneller und zielgenauer agieren“ zu können.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund appellierte an die Innenminister, bei ihrer Sondersitzung Maßnahmen gegen Übergriffe auf Politiker und ehrenamtlich Engagierte zu beschließen. „Die jüngsten Vorfälle sind ein direkter Angriff auf unsere Demokratie und reihen sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbands, André Berghegger, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Hass, Hetze, Beleidigungen und Bedrohungen gegen politisch Engagierte hätten in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Gerade Kommunalpolitiker seien immer wieder solchen Attacken ausgesetzt.

Hinweise auf rechtsextremen Hintergrund im Fall Ecke

Ausgelöst hat die Debatte der Angriff auf den SPD-Politiker Ecke am Freitagabend im Dresdner Stadtteil Striesen. Ecke ist Europa-Abgeordneter und sächsischer Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl am 9. Juni. Der 41-Jährige kam nach dem Angriff in ein Krankenhaus und wurde operiert.

Die Polizei hat erste Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund. Das Landeskriminalamt Sachsen ordnet einen der insgesamt vier mutmaßlichen Täter im Alter von 17 bis 18 Jahren der Kategorie „politisch motiviert rechts“ zu. Ob die Tat am Ende politisch motiviert gewesen sei, müsse noch ermittelt werden, sagte Innenminister Schuster: „Aber die Umstände, die wir vorgefunden haben, deuten ganz klar darauf hin.“

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