Vier Tage lang will die Demokratische Partei eine Art Krönungsmesse für Kamala Harris zelebrieren. Nominiert ist Harris als Präsidentschaftskandidatin bereits, auch ihren Vize-Kandidaten hat sie mit Tim Walz benannt.
Jetzt gehe es darum, die Euphorie, die an der Parteibasis spürbar ist, weiterzutragen, sagt die Politikwissenschaftlerin Lara Brown. Ein Großteil dessen, was in Chicago passiere, sei eine Inszenierung der Unterstützung für das Kandidatenduo Harris-Walz. „Die Partei will Einigkeit demonstrieren“, so Brown „und zeigen: Wir sind begeistert und leidenschaftlich dabei.“
Wahlkampf mit Inhalten füllen
Den Parteistrategen geht es auch darum, den Wahlkampf mit Inhalten, einem Programm zu füllen. Harris hat es vor wenigen Tagen bei einem gemeinsamen Auftritt mit Joe Biden so ausgedrückt: „Wir machen den nächsten Schritt nach vorn in unserem Kampf“, und schob einen Dank an Präsident Joe Biden ein. Das Publikum griff dieses „Thank you, Joe“ in Sprechchören auf.
„Alle mobilisieren“, G. Engel, ARD Washington, zzt. Chicago, zum Parteitag der US-Demokraten
So ähnlich könnte es zum Auftakt des Parteitags im Convention Center von Chicago klingen. Joe Biden ist der Hauptredner des ersten Abends. Am Dienstag folgt Ex-Präsident Barack Obama.
Am Mittwoch sprechen der frühere Präsident Bill Clinton und Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz. Der Donnerstag gehört zum Abschluss allein Kamala Harris – und vielleicht einem prominenten Überraschungsgast. Es wurde schon über George Clooney, Beyoncé oder Taylor Swift spekuliert. Bestätigt ist ein solcher Show-Höhepunkt bisher nicht.
Harris und Trump etwa gleich auf
Es gibt auch Experten, die vor zu viel demokratischer Euphorie warnen. Harris liegt in den Umfragen keineswegs meilenweit vor Donald Trump, warnt der Meinungsforscher Kyle Kondik. Momentan stehe es insgesamt unentschieden. „Man kann vielleicht argumentieren, dass Harris einen winzig kleinen Vorsprung hat, aber nicht genug, um wirklich Favoritin zu sein. Es ist ein äußerst knappes Rennen“, so Kondik – so wie schon 2016 und 2020.
Harris muss nach Ansicht vieler Experten vor allem bei den Themen Wirtschaft und Einwanderung Boden gut machen. Und eine eigene Haltung zum Gaza-Krieg finden. Am Rande des Parteitags sind Demonstrationen pro-palästinensischer Gruppen angekündigt.
Demos am Rande des Parteitags angekündigt
Der Polizeichef von Chicago, Larry Snelling sieht seine Einsatzkräfte gut vorbereitet. Vergleiche mit dem Jahr 1968, als gewaltsame Proteste gegen den Vietnamkrieg einen demokratischen Parteitag in Chicago überschatteten, lehnt der Polizeichef ab. Die Leute sollen ihr durch die Verfassung garantiertes Demonstrationsrecht wahrnehmen können, so Snelling. „Wir werden sie dabei schützen. Aber wir sind bereit einzugreifen und auch Leute festzunehmen, sollten sie Gewalt anwenden oder Straftaten begehen.“
Mit den Massenprotesten gegen den Vietnamkrieg sind die diesmal angekündigten Demonstrationen nicht vergleichbar, betont auch die Politikwissenschaftlerin Lara Brown.
Brown glaubt, dass der Parteitag für Harris insgesamt ein Erfolg werden und sie in den Umfragen weitere zwei bis drei Punkte gut machen kann: „Sie hat das Momentum, den Schwung. Nach diesem Parteitag könnte es gut sein, dass sie in jedem der wahlentscheidenden Swing States in den Umfragen führt.“
Das könnte sie laut Brown erfolgreich durch den Wahlkampf im Herbst bringen. „Wenn sie keine katastrophalen Fehler macht – in ihrer Fernsehdebatte mit Trump, mit Blick auf die Wirtschaft oder in der Außenpolitik.“