US-Außenminister Antony Blinken hat im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen in Nahost überraschend Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah getroffen.
Wie ihre jeweiligen Sprecher nach dem Treffen mitteilten, sagte Abbas, es müsse sofort eine Feuerpause geben und Hilfslieferungen müssten in den Gazastreifen gelassen werden. Demnach betonte Blinken, die USA engagierten sich dafür, dass Hilfe in Gaza ankomme. „Der Minister brachte auch das Engagement der Vereinigten Staaten zum Ausdruck, sich für die Verwirklichung der legitimen Bestrebungen der Palästinenser zur Errichtung eines palästinensischen Staates einzusetzen“, sagte Blinkens Sprecher.
Es ist der erste Besuch des US-Chefdiplomaten im Westjordanland seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober. Der Besuch wurde im Vorfeld nicht angekündigt. Vor gut drei Wochen hatten sich Blinken und Abbas bereits in Jordanien getroffen.
Abbas leitet die Palästinensische Autonomiebehörde mit Sitz in Ramallah. Ihre Vertreter wurden 2007 von der Hamas im Gazastreifen entmachtet, die seitdem über das Küstengebiet herrscht. Im Westjordanland ist die Fatah von Abbas bestimmende palästinensische Kraft.
Blinken bemüht sich derzeit in mehreren Staaten um Vermittlung in Nahost. Der US-Außenminister wird an diesem Sonntag in der Türkei erwartet. Dort wolle er unter anderem über mögliche Wege zu einem „dauerhaften und nachhaltigen Frieden im Nahen Osten“ sprechen, zu denen „die Einrichtung eines palästinensischen Staates“ gehöre, teilte das US-Außenministerium mit.
Ein geplantes Treffen Blinkens mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan bestätigte das US-Außenministerium zunächst nicht, aus Blinkens Umfeld hieß es aber, dies sei wahrscheinlich.
Blinken hatte sich am Freitag bei einem Besuch in Israel vergeblich für eine humanitäre Feuerpause im Kampf Israels gegen die radikale Hamas eingesetzt. Am Samstag führte der US-Chefdiplomat in Jordanien mit mehreren arabischen Staaten Gespräche über eine Feuerpause, um Möglichkeiten zur Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung zu schaffen.
Einen Waffenstillstand lehnen die USA ab. Denn dies ermögliche der Hamas den Gazastreifen weiter zu beherrschen, sagte Außenminister Blinken. Die Terrororganisation könne sich dann neu formieren und wieder ähnliche Angriffe auf Israel wie am 7. Oktober starten.
Israel: Hamas missbraucht Krankenhäuser im Gazastreifen
Israels Militär hat neue Informationen vorgelegt, die zeigen sollen, dass die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas zivile Infrastruktur für militärische Zwecke nutzt. Videos, Audioaufnahmen und Satellitenbilder würden erneut beweisen, wie die Terrororganisation ihre Stellungen in der Nähe von Gesundheitseinrichtungen verstecke, sagte Militärsprecher Daniel Hagari.
Das von Katar finanzierte Scheich-Hamad-Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen soll den vorgelegten Videoaufnahmen zufolge direkt an das Tunnelnetz der Hamas angeschlossen sein. Ein Tunnelschacht sei direkt neben dem Gebäude platziert, sagte Hagari zu den Aufnahmen. Zudem gebe es Beweise, dass aus dem Krankenhaus heraus auf israelische Bodentruppen gefeuert wurde. Die Angaben sind gegenwärtig nicht unabhängig zu überprüfen.
Israel: Raketenwerfer in der Nähe von Krankenhaus
Auch das indonesische Krankenhaus im Gazastreifen soll den Angaben nach von militärischer Infrastruktur der Hamas umgeben sein. „Die Hamas hat das indonesische Krankenhaus gebaut, um ihre unterirdische Terror-Infrastruktur zu verschleiern“, sagte Hagari. So zeige ein Satellitenbild Raketenwerfer auf der anderen Straßenseite des indonesischen Krankenhauses. „Sie schießen 75 Meter von einem Krankenhaus entfernt Raketen auf Israel ab. Und warum? Sie wissen genau, dass bei einem Luftangriff Israels auf eine solche Abschussrampe das Krankenhaus beschädigt wird“, sagte der Armee-Sprecher.
Hagari warf der Hamas erneut vor, Zivilisten trotz intensiver Warnungen durch Israel daran zu hindern, in den Süden des Gazastreifens zu gelangen. Der Sprecher legte außerdem eine Aufzeichnung vor, die beweisen soll, dass die Hamas Krankenhäusern Treibstoff vorenthält. Auch diese Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.
Papst fordert Waffenruhe und Freilassung der Geiseln
Papst Franziskus hat eindringlich zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas aufgerufen. Es müsse alles für ein Ende des Konfliktes getan werden, sagte das katholische Kirchenoberhaupt beim Angelusgebet auf dem Petersplatz. Er wies auf die „schlimme humanitäre Lage“ im Gazastreifen hin und forderte Möglichkeiten für Lieferungen von Hilfsgütern.
Zugleich verlangte der Papst erneut die sofortige Freilassung aller israelischen Geiseln in den Händen der Hamas. Unter ihnen seien auch viele Kinder. Sie müssten zu ihren Familien zurückkehren.
Israel griff mehr als 2500 Ziele an
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben während ihres Bodeneinsatzes gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen bislang mehr als 2500 Ziele angegriffen. Dies sei im Verbund mit der Luftwaffe und der Marine geschehen. Die Truppen lenkten Kampfflugzeuge zu Angriffen auf die Infrastruktur der Hamas, auf Waffendepots, Beobachtungsposten sowie Kommando- und Kontrollzentren, teilte das israelische Militär mit.
Am vergangenen Wochenende hatte das israelische Militär eine „neue Phase“ im Krieg gegen die im Gazastreifen herrschende palästinensische Organisation eingeläutet und seine Einsätze am Boden ausgeweitet.
Israels Militäreinsatz ist eine Reaktion auf Terrorangriffe der Hamas am 7. Oktober. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1400 Menschen getötet – die meisten Opfer waren Zivilisten. Mehr als 240 Menschen wurden aus Israel in den Gazastreifen verschleppt. Die Hamas wird von Israel, Deutschland, der EU, den USA und einigen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft.
Kritik an Minister nach Bemerkung zu Atombombeneinsatz
Die israelische Regierungsspitze hat sich von Äußerungen eines rechtsextremen Ministers zum Vorgehen im Gazastreifen distanziert. Kulturerbe-Minister Amichai Elijahu hatte auf die Frage während eines Radiointerviews, ob man eine Atombombe auf den Gazastreifen werfen sollte, geantwortet: „Das ist eine der Optionen.“
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte daraufhin, Elijahus Äußerungen „entsprechen nicht der Realität“. Israel und die Armee gingen „in Einklang mit den höchsten Standards internationalen Rechts vor, um Schaden an Zivilisten zu vermeiden“. Man werde dies weiterhin tun, „bis zu unserem Sieg“ gegen die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas. Wie das Büro des Ministerpräsidenten mitteilte, ist Elijahu „bis auf Weiteres“ von Kabinettstreffen suspendiert.
Auch Verteidigungsminister Joav Galant verurteilte die „haltlosen und unverantwortlichen Äußerungen“ Elijahus. „Gut, dass dies nicht die Leute sind, die für Israels Sicherheit zuständig sind“, schrieb er in einem Post auf der Plattform X, ehemals Twitter.
Elijahu äußerte nach der Kritik an seiner Aussage über soziale Netzwerke, es sei „für jeden, der vernünftig ist, klar“, dass die Bemerkung „metaphorisch“ gewesen sei.
Der Minister von der rechtsextremen Partei „Jüdische Stärke“ (Otzma Jehudit) ist weder Teil des israelischen Sicherheitskabinetts noch des Kriegskabinetts um Netanjahu und gilt nicht als einflussreich. Israel hat nie bestätigt, im Besitz von Atomwaffen zu sein. Es wird aber weithin angenommen, dass das Land über Nuklearwaffen verfügt.
Haus in Flüchtlingsviertel getroffen
Die von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde beschuldigt das israelische Militär, ein Haus im Flüchtlingsviertel Al-Magasi im Zentrum des Gazastreifens bombardiert zu haben. Dabei seien 45 Menschen ums Leben gekommen. Zunächst war von 30 Toten die Rede. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Israel hat nicht bestätigt, dass es das Viertel getroffen hat. Ein Militärsprecher sagte, man prüfe, ob zum Zeitpunkt am späten Samstag Streitkräfte in dem Gebiet operierten.
In dem Al-Magasi-Flüchtlingsviertel leben nach Angaben des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge UNRWA mehr als 33.000 Menschen auf einer Fläche von 0,6 Quadratkilometern. Die Straßen seien eng und die Bevölkerungsdichte hoch.
Tausende Israelis demonstrieren für Geiseln
Angehörige und Unterstützer der von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Menschen haben vor dem israelischen Verteidigungsministerium demonstriert. „Bringt sie jetzt nach Hause“, skandierte die Menge in Tel Aviv.
In Jerusalem versammelten sich vor dem Wohnsitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hunderte Menschen und forderten dessen Rücktritt. Sie skandierten „Gefängnis jetzt!“, einige Demonstranten durchbrachen die Polizeisperren um Netanjahus Residenz.
Hamas behauptet: Viele Geiseln vermisst oder verschüttet
Mehr als 60 der von ihr entführten Geiseln werden nach Angaben der Hamas infolge israelischer Luftangriffe auf den Gazastreifen vermisst. Allein 23 israelische Geiseln seien unter Trümmern verschüttet, teilen die Al-Kassam-Brigaden mit, der militärische Arm der Hamas. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben der Terrororganisation nicht. Die Zahl der Geiseln in der Gewalt der radikalen Islamisten war zuletzt mit rund 240 beziffert worden.
Zehntausende bei propalästinensischer Demonstration in Washington
Bei der größten Demonstration in der US-Hauptstadt seit dem Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober haben Zehntausende Teilnehmer „Freiheit für Palästina“ gefordert. Sie verlangten unter anderem einen Waffenstillstand in den Kämpfen zwischen Israel und der Hamas und dass die USA Hilfszahlungen an Israel einstellt. Nach einer Kundgebung zogen viele Demonstrierende in einem Protestzug vor das Weiße Haus.
Die Aktion hatte ein Bündnis von Antikriegs- und Bürgerrechtsorganisationen initiiert. In sozialen Netzwerken waren Fotos von Bussen mit Demonstranten aus Städten wie New York, Atlanta und Philadelphia zu sehen. Unter den weitestgehend friedlich demonstrierenden Teilnehmern waren auch einige mit aggressiveren Aussagen. Unter anderem wurde auf Plakaten US-Präsident Joe Biden wegen seiner Unterstützung für Israel als „Genozid-Joe“ verunglimpft.
Zuvor hatte es auch in Europa pro-palästinensische Proteste gegeben. In Deutschland, Frankreich und Großbritannien brachten Tausende Menschen ihre Unterstützung für Palästinenser bei Demonstrationen zum Ausdruck.
IDF: Neues Zeitfenster zur Flucht aus dem Norden Gazas
Die israelische Armee hat den Zivilisten im Gazastreifen für Sonntag erneut ein Zeitfenster genannt, um den Norden des Palästinensergebiets zu verlassen. Die Israel Defense Forces (IDF) würden am Sonntag zwischen 10.00 Uhr und 14.00 Uhr Ortszeit (9.00 und 13.00 Uhr MEZ) Verkehr auf einer Straße in Richtung Süden zulassen, schrieb ein israelischer Armeesprecher auf der Plattform X.
Die Armee veröffentlichte auch eine Karte mit der ausgewiesenen Straße. Der Sprecher ruft die Menschen auf, zu ihrer eigenen Sicherheit die nächste Gelegenheit zu nutzen, nach Süden zu gehen.
Israels Armee hatte die Menschen im Norden bereits mehrfach aufgefordert, in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu fliehen. Dies haben nach Militärangaben bereits mindestens rund 700.000 Menschen getan. Die Vereinten Nationen sprechen sogar von 1,4 Millionen Binnenflüchtlingen. Insgesamt leben im dicht besiedelten Gazastreifen mehr als 2,2 Millionen Menschen. Das Militär bekämpft derzeit vor allem im Norden die Einrichtungen der Hamas.