Angesichts erbitterter Kämpfe im Gazastreifen ist Ägypten wohl zur Aufnahme von Verletzten aus dem Palästinensergebiet bereit. Der Grenzübergang Rafah werde an diesem Mittwoch geöffnet, um eine gewisse Anzahl an Verletzten einreisen zu lassen, hieß es in ägyptischen Medienberichten. Medizinische Teams seien informiert worden, sich an der Grenze bereitzuhalten, teilte der Generalsekretär des Roten Halbmonds im Nord-Sinai, Raed Abdel Nasser, mit. Nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden wurde rund 15 Kilometer von Rafah entfernt ein 1300 Quadratmeter großes Feldlazarett errichtet.
Guterres: Völkerrecht ist kein „à la carte Menü“
UN-Generalsekretär António Guterres hat sich „zutiefst beunruhigt“ über die Verschärfung der Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der radikalislamischen Terrororganisation Hamas geäußert. Zur Eskalation der Lage gehörten „Bodeneinsätze der israelischen Armee begleitet von intensiven Luftangriffen“ sowie der „anhaltende Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Israel“, erklärte Guterres. „Das humanitäre Völkerrecht legt klare Regeln fest, die nicht ignoriert werden dürfen. Es handelt sich nicht um ein à la carte Menü und kann nicht selektiv angewendet werden.“
Israel weitet Bodenoperationen in Gaza aus
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, warnte vor dem massenhaften Tod von Kindern im Gazastreifen. Schon jetzt sei das Palästinensergebiet zu einem „Friedhof für Kinder“ geworden, künftig könnte sich die Lage weiter verschlimmern, erklärte ein UNICEF-Sprecher. Seit Beginn des Gaza-Kriegs seien „Berichten zufolge“ schon mehr als 3450 Kinder umgekommen. Doch ohne Lieferungen von Wasser, Medikamenten und Lebensmitteln und ohne „die Freilassung entführter Kinder“ werde der Horror weiter zunehmen. Ohne besseren Zugang zu humanitärer Hilfe könnten die aktuellen Opferzahlen bald „nur die Spitze eines Eisbergs sein“, so der UNICEF-Vertreter.
Israel: Mehr als 11.000 Ziele getroffen
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben seit dem beispiellosen Terrorüberfall der radikal-islamischen Hamas mehr als 11.000 Ziele im Gazastreifen bei Angriffen getroffen. Dabei handele es sich um Ziele „terroristischer Organisationen“, erklärte das Militär.
Kommunikation im Gazastreifen wieder ausgefallen
Im abgeriegelten palästinensischen Gazastreifen ist abermals die gesamte Internet- und Mobilfunkkommunikation ausgefallen. Das teilte die palästinensische Telekommunikationsgesellschaft Paltel im Onlinedienst X mit. Die Internetüberwachungsseite NetBlocks bestätigte eine weitere Unterbrechung der Internetverbindung mit „erheblichen Auswirkungen auf den Betreiber Paltel“. Dies zeigten Live-Messungen. Der Vorfall bedeute einen „vollständigen Verlust von Telekommunikation für die meisten Bewohner“, erklärte NetBlocks.
Auch Journalisten der Nachrichtenagentur AFP stellten den Ausfall im Gazastreifen fest. Demnach funktioniert derzeit lediglich eine internationale SIM-Karte. In der Grenzstadt Rafah zu Ägypten können nur Personen mit israelischen oder ägyptischen Nummern ihre Handys benutzen.
Es ist bereits der zweite Ausfall dieser Art im Gazastreifen binnen weniger Tage. Vergangenen Freitag war die Kommunikation ebenfalls unterbrochen worden und konnte ab Sonntag schrittweise wieder hergestellt werden.
Zypern strebt Seeweg-Korridor für Hilfsgüter an
Zypern bemüht sich nach eigenen Angaben verstärkt um einen Korridor für Hilfslieferungen in den Gazastreifen über das Mittelmeer. Er habe darüber mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu gesprochen, erklärte der zyprische Präsident Nikos Christodoulides. Sein Vorschlag, den er vergangene Woche beim EU-Gipfel in Brüssel unterbreitet hatte, sei „positiv“ aufgenommen worden. Zypern sei bereit, bei Hilfslieferungen über den Seeweg eine „bedeutende Rolle“ zu spielen, sagte Christodoulides.
Der Inselstaat liegt rund 350 Kilometer vom Gazastreifen entfernt und unterhält gute Beziehungen sowohl zu Israel als auch zu arabischen Nachbarstaaten. Über Zypern waren nach dem Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober auch viele ausländische Staatsbürger in Sicherheit gebracht worden.
Katar verurteilt „Massaker“ in Dschabalia
Der Golfstaat Katar hat einen israelischen Angriff auf Dschabalia im Norden des Gazastreifens scharf kritisiert. Das Außenministerium in Doha sprach von einem „erneuten Massaker gegen das wehrlose palästinensische Volk“. Bei dem Angriff am Dienstag sollen nach palästinensischer Darstellung Dutzende Menschen in einem Flüchtlingslager getötet worden sein. Die israelische Armee vermeldete hingegen einen Angriff gegen „Terroristen und Terror-Infrastruktur“ der Hamas, bei dem deren führender Vertreter Ibrahim Biari und zahlreiche weitere Kämpfer getötet worden seien.
Katar ist Verbündeter der USA und wichtiger Handelspartner zahlreicher westlicher Staaten, bietet jedoch auch hochrangigen Hamas-Vertretern einen Wohnsitz. Das Emirat gilt als Vermittler im Nahost-Konflikt und nahm zuletzt bei Verhandlungen um die Freilassung von Hamas-Geiseln eine Schlüsselrolle ein.
Blinken: Sondieren Optionen für Gazastreifen-Zukunft
Die USA prüfen nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken mögliche Lösungen für die Zukunft des Gazastreifens. Der Status quo, in dem die Hamas den dicht besiedelten Küstenstreifen kontrolliert, könne nicht aufrechterhalten werden, aber auch Israel wolle den Gazastreifen nicht kontrollieren, sagte Blinken bei einer Anhörung im Bewilligungsausschuss des Senats. Zwischen diesen beiden Positionen gebe es „eine Vielzahl möglicher Varianten, die wir, wie andere Länder auch, derzeit sehr genau prüfen“.
Am sinnvollsten wäre laut Blinken eine „effektive und wiederbelebte Palästinensische Autonomiebehörde“, die die Regierungsgewalt über den Gazastreifen ausübt. Die Frage sei aber, ob dies erreicht werden könne. „Und wenn das nicht möglich ist, dann gibt es andere Übergangsregelungen, die eine Reihe anderer Länder in der Region einbeziehen könnten. Es könnte auch internationale Organisationen geben, die sowohl für Sicherheit als auch für Regierungsführung sorgen“, so Blinken, der am Freitag erneut in den Nahen Osten reisen will. Das US-Präsidialamt stellte klar, dass die Entsendung von US-Truppen in den Gazastreifen als Teil einer Friedenstruppe weder erwogen werde noch zur Diskussion stehe.
FBI sieht erhöhte Bedrohungslage in den USA
Die US-Bundespolizei FBI hat wegen des Gaza-Kriegs vor einer wachsenden Terrorgefahr in den Vereinigten Staaten gewarnt. FBI-Direktor Christopher Wray sagte bei einer Anhörung im Kongress in Washington, der Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel werde für Extremisten eine Quelle der „Inspiration“ darstellen.
„Der anhaltende Krieg im Nahen Osten hat die Gefahr eines Angriffs gegen Amerikaner in den USA auf ein ganz anderes Niveau gehoben“, erklärte Wray vor dem Senatsausschuss für Heimatschutz. „Es ist an der Zeit, besorgt zu sein. Wir befinden uns in einer gefährlichen Zeit.“ Es gebe keinen Anlass für Panik, aber für „Wachsamkeit“, so der FBI-Chef.
Bolivien kappt diplomatische Beziehungen zu Israel
Bolivien hat seine diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen. Das südamerikanische Land habe die Entscheidung „in Ablehnung und Verurteilung der aggressiven und unverhältnismäßigen israelischen Militäroffensive im Gazastreifen und der Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit“ getroffen, erklärte das Außenministerium in La Paz. Die Mitteilung wurde nach einem Treffen von Staatspräsident Luis Arce mit dem palästinensischen Botschafter veröffentlicht.
Chile und Kolumbien beorderten ihre Botschafter in Israel zu Konsultationen zurück. Sein Land verurteile die israelischen Militäroperationen aufs Schärfste und beobachte sie mit großer Sorge, erklärte der chilenische Präsident Gabriel Boric. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro schrieb: „Wenn Israel das Massaker am palästinensischen Volk nicht beendet, können wir nicht mehr dort sein.“
Solidaritätskonzert für Israel in Hamburg
Mit einem Solidaritätskonzert für Israel haben zahlreiche Menschen am Dienstagabend in Hamburg an die Opfer des Terrorangriffs vom 7. Oktober erinnert. Gleichzeitig sei das Konzert ein klares Bekenntnis zur Vielfalt, zum Schutz jüdischen Lebens und gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenhass gewesen, teilten die Veranstalter mit. Auf dem Programm standen neue Bearbeitungen israelischer Chansons, Choräle aus dem 17. Jahrhundert und eigens für den Abend geschriebene Musik.
„Antisemitismus und Menschenhass geschehen. Auch heute, jeden Tag. Deshalb muss aus dem Bekenntnis ‚Nie wieder‘ ganz praktische Solidarität werden. Diese Aussage ist nichts wert, wenn wir nicht begreifen, vor welcher Aufgabe wir nicht erst seit dem furchtbaren Verbrechen des 7. Oktober stehen. ‚Nie wieder‘ ist jetzt“, betonte Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD). Die Terroristen der Hamas wollten offene Gesellschaften auseinandertreiben. „Deshalb sind wir alle gefordert, für ein Miteinander in Vielfalt und Freiheit einzustehen.“