Nach Vertrauensfrage Welche Gesetze können jetzt noch kommen?
Nach der Vertrauensfrage bleiben der Kanzler und seine Regierung im Amt – und wollen noch ein paar Gesetze verabschieden. Was ist weiter möglich? Und welche Projekte haben wenig Aussicht auf Erfolg? Ein Überblick.
Kommt die Reform des Bundesverfassungsgerichts?
Die Unterstützung der Union bei dem Vorhaben, das Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz besser abzusichern, gilt als sicher. CDU-Fraktionschef Friedrich Merz stellte eine Zustimmung bereits in Aussicht. Diese käme wenig überraschend: Bereits vor Monaten verständigten sich SPD, Grüne und FDP sowie die Union auf einen besseren Schutz des Gerichts.
Am Donnerstag soll nun über zwei entsprechende Gesetzentwürfe im Bundestag abgestimmt werden. Danach müsste noch der Bundesrat zustimmen. Im verkürzten Verfahren könnte das am Freitag passieren, dann kommt die Länderkammer zu einer regulären Sitzung zusammen.
Bei der Reform geht es im Kern darum, Regeln, die das Bundesverfassungsgericht betreffen, im Grundgesetz zu verankern. Künftig wäre es damit schwieriger, Strukturen zu ändern: Für Grundgesetzänderungen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und anschließend auch im Bundesrat notwendig.
Werden die Einsätze der Bundeswehr verlängert?
Die Bundesregierung hat die Verlängerung von vier Einsätzen der Bundeswehr bereits auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss Anfang Dezember, den Bundestag um Zustimmung zur weiteren deutschen Beteiligung an zwei Missionen im Mittelmeer bis Ende November 2025 sowie je einer im Roten Meer und im Südsudan bis Ende Oktober 2025 zu bitten.
Die Unionsfraktion kündigte bereits an, den Verlängerungen zuzustimmen. Außerdem soll eine Bundeswehrbrigade in Litauen stationiert werden – auch das geht nur mit einer Mehrheit im Parlament.
Wie steht es um Asylfragen?
Ein innenpolitisches Thema, bei dem eine Einigung aktuell eher nicht in Sicht ist, ist das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS). Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte zwar Gespräche mit Union und FDP an, aber die Union signalisierte im November bereits, dass sie zu einer schnellen Verabschiedung nicht bereit sei.
Für die Umsetzung der neuen EU-Regeln hätte man zwei Jahre Zeit. Es gibt dazu einen Kabinettsbeschluss der Ampelkoalition.
Wie geht es weiter mit Steuern und Kindergeld?
Mit der FDP haben sich SPD und Grüne inzwischen auf die Erhöhung von Kindergeld, Kinderfreibetrag und Kinderzuschlag verständigt sowie auf den Abbau der sogenannten kalten Progression. Dabei sollen schleichende Steuererhöhungen durch Lohn- und Preissteigerungen über die Anpassung von Grundfreibetrag und Steuertarif verhindert werden.
Damit es in Kraft treten kann, müsste auch der Bundesrat dem Gesetz zustimmen. Wie die Chancen dort stehen, ist unklar – denn die Länder würden damit auf Einnahmen verzichten.
Im Bundestag wird die Union das Vorhaben unterstützen. Für den geplanten Ausgleich der kalten Progression im Steuerrecht sowie die Erhöhung des Kindergelds werde es „von uns eine Zustimmung geben“, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz am Tag der Abstimmung über die Vertrauensfrage.
Was wird aus der Rentenreform?
Nach dem Bruch der Koalition hat das Rentenpaket aktuell keine Aussicht auf Umsetzung im Bundestag. Die FDP hat ihre Unterstützung aufgekündigt und auch die Union will dem Paket nicht zustimmen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil räumte das Scheitern bereits ein.
Dabei hatten die Ampel-Partner über Monate gestritten und das Paket Ende Mai im Bundeskabinett auf den Weg gebracht. SPD und Grünen ist es wichtig, das Rentenniveau bis 2039 stabil bei 48 Prozent zu halten – gemeint ist das Verhältnis der Rente zu den Löhnen in Deutschland.
Was passiert mit dem Bundeshaushalt?
Einen Haushalt für das kommende Jahr wird es in der aktuellen Konstellation nicht geben. Das bedeutet aber nicht, dass es zu einem Shutdown kommt, wie man es aus den USA kennt. Kein Beamter muss Angst haben, dass das Gehalt nicht rechtzeitig kommt, kein Rentner muss sich Sorgen um die Rente machen.
Alles, was gesetzlich geregelt ist, wird im Rahmen der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung bezahlt. Nur Neues wird schwierig – das kann insbesondere Hilfen für Unternehmen betreffen, also Maßnahmen, die im Rahmen der sogenannten Wachstumsinitiative geplant waren.
Das Finanzministerium rechnet nach der Neuwahl des Bundestags frühestens im Juli mit einem Haushalt für das kommende Jahr. Der Haushaltsentwurf für 2025 muss dann komplett neu von Kabinett, Bundestag und Bundesrat beraten werden.
Wie ist die Lage beim Deutschlandticket?
Kurzfristig hat der Bruch der Ampelkoalition für das Deutschlandticket keine Folgen, das betont auch die Verkehrsministerkonferenz. Die hatte nämlich ohnehin schon beschlossen, dass das Ticket ab Januar teurer wird und dann nicht mehr 49 Euro pro Monat kostet, sondern 58 Euro.
Bund und Länder wollen je 1,5 Milliarden Euro geben, was bereits im beschlossenen Gesetz verankert ist. Für das Ticket sollen auch etwa 300 Millionen Euro eingesetzt werden, die 2023 aufgrund der Einführung erst ab Mai übrig geblieben sind. Diese Übertragung der Mittel muss im Regionalisierungsgesetz verankert werden, was noch nicht beschlossen ist. Doch die Union hat in diesem Punkt Zustimmung signalisiert. Somit sei die Finanzierung des Tickets für 2025 gesichert, teilten Sprecher der drei Fraktionen von SPD, Grünen und Union mit.
Geht die Sanierung der Bahn weiter?
Mit Milliardeninvestitionen wollte die Bundesregierung das marode Schienennetz in Deutschland ertüchtigen und die Bahn verlässlicher machen. Bis 2030 sollen besonders belastete Strecken grundlegend saniert werden.
Anfang Dezember warfen SPD und Grüne der Union noch eine Blockade bei Geldern für die Bahn vor. „Die Union gefährdet die Sanierung der Bahninfrastruktur“, kritisierten Dennis Rohde und Sven Christian Kindler, die haushaltspolitischen Sprecher von SPD und Grünen. Unionsfraktionsvize Ulrich Lange sagte, der sogenannte zweite LuFV-Nachtrag werde an der Union nicht scheitern. Eine Zustimmung in den Ausschüssen würde auch nach der Vertrauensfrage reichen.
Konkret geht es um eine Entscheidung im Haushaltsausschuss des Bundestages über einen sogenannten dritten Nachtrag zur Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) mit der Deutschen Bahn. Dabei handelt es sich um rund 2,7 Milliarden Euro für die Infrastruktur.
Wie läuft es mit dem Digitalpakt Schule?
Es gibt eine Einigung, aber unter Vorbehalt. Diese sieht vor, dass Bund und Länder in den kommenden sechs Jahren jeweils 2,5 Milliarden Euro in die Ausstattung der Schulen mit Laptops und moderner IT-Infrastruktur investieren.
Die nur unter großen Mühen erzielte Einigung war unter anderem deshalb möglich, weil sie eine deutliche finanzielle Entlastung der Länder vorsieht: Einen Großteil der Mittel, die sie beisteuern müssten, etwa zwei Milliarden Euro, dürfen sie demnach mit bereits geplanten Maßnahmen verrechnen. Die Vereinbarung entfaltet zunächst jedoch keine Bindungswirkung, da sie unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsbeschlüsse steht.