Wann kann eine Demonstration verboten werden?
In Artikel 8 des Grundgesetzes, Absatz 1, heißt es: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Es gelten grundsätzlich hohe Hürden, wenn dieses Versammlungsrecht eingeschränkt und ein Demonstrationsverbot ausgesprochen werden soll. Das Verbot muss also sehr gut begründet sein, wie auch das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe immer wieder deutlich macht. In den vergangenen Tagen wurden viele Demonstrationen von Verwaltungsgerichten im Eilverfahren untersagt, weil sie „eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ sein könnten, also mit Straftaten zu rechnen sei.
Ein Verbot ist jedoch immer das letzte Mittel. Häufig erhalten die Veranstalter stattdessen Auflagen, strafbare Transparente zu entfernen oder auch bei Sprechgesängen einzuschreiten – im Notfall kann die Polizei die Demonstration immer noch auflösen.
Anti-israelische Demonstrationen in Deutschland
Dass die Gerichte in Deutschland unterschiedliche Entscheidungen treffen, hängt zum einen mit dem Versammlungsort, zum anderen mit den Veranstaltern zusammen. Denn die Behörden müssen im Vorfeld einer Demonstration mit einer Gefahrenprognose einschätzen, ob es möglicherweise zu Straftaten kommen könnte, zum Beispiel indem auf der Demo verbotene Symbole gezeigt werden könnten.
Zu den Fragen, die für eine Risikoabwägung beantwortet werden müssen, gehören unter anderem: Sind Demonstrationen an einem bestimmten Ort und in einer bestimmten Stadt immer wieder eskaliert? Und: Hat der Veranstalter in der Vergangenheit Straftäter ausgeschlossen oder nicht?
Welche Symbole sind erlaubt, welche nicht?
Mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einem Bußgeld wird bestraft, wer gegen Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verstößt; also Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verbreitet oder öffentlich verwendet. Dieser Paragraf sollte ursprünglich dafür sorgen, Zeichen und Symbole des Nationalsozialismus aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, „namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen“ – sämtliche Symbole also, die auch von den Organisationen der Nationalsozialisten verwendet wurden.
Im Zusammenhang mit Demonstrationen in Deutschland zum Nahostkonflikt heißt das: Fahnen der als terroristisch eingestuften Organisationen Hamas, „Volksfront zur Befreiung Palästinas“, „Palästinensischer Islamischer Jihad“ und Hisbollah sind untersagt. Dies erklärte die Bremer Innenbehörde auf Anfrage der ARD.
Während das Zeigen der palästinensischen Fahne erlaubt ist, seien Zeichen, die den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel unterstützten, ebenso untersagt. Auch Transparente, auf denen Mord, Totschlag, Vergewaltigung und Geiselnahme öffentlich gebilligt werden und die zu Gewalt gegen Staaten, Institutionen oder Menschen aufrufen (Paragraf 140 im Strafgesetzbuch: „Belohnung und Billigung von Straftaten“), sind verboten. Sowohl in Duisburg als auch in Berlin wurden bereits mehrere Menschen unter Berufung dieses Paragrafen angezeigt, das palästinensische Netzwerk Samidoun darf sich als Folge künftig nicht mehr in Deutschland betätigen.
Und schließlich ist auch das Verbrennen oder Zerstören von Nationalflaggen strafbar. Der entsprechende Paragraf des Strafgesetzbuches wurde vor drei Jahren verändert. Blieb es vorher noch ohne Strafe, Flaggen eines Landes oder Fahnen öffentlich zu verbrennen, ist dies seit 2020 ohne Ausnahme untersagt.
Straftaten, die öffentlich auf Demonstrationen gebilligt werden, müssen dabei nicht in Deutschland begangen worden sein. Zwar fehlt bislang dazu eine höchstrichterliche Entscheidung, die meisten Juristen sind sich jedoch einig: Wer terroristische Attacken wie die vom 11. September 2001 in den USA oder kürzlich in Israel hierzulande auf der Straße öffentlich feiert, begeht eine Straftat. Polizei und Staatsanwaltschaft sind deswegen auch angehalten zu ermitteln, wenn das Z-Symbol des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf deutschen Straßen zur Schau gestellt wird.