Die Hochwasserlage in Kasachstan und im Süden Russlands hat sich weiter verschärft. Mittlerweile sind bereits mehr als 90.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. In beiden Ländern wird den Behörden vorgeworfen, schlecht gewappnet zu sein.
Die Hochwasserkatastrophe in Russland und Kasachstan weitet sich aus. Nach Behördenangaben sind in Russland und Kasachstan bereits mehr als 90.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. „Seit dem Beginn der Überschwemmungen wurden 86.000 Personen gerettet und evakuiert, darunter 29.000 Kinder“, teilte das kasachische Katastrophenschutzministerium mit.
In der russischen Großstadt Orenburg ist der Fluss Ural über die kritische Marke getreten und erreichte einen Höchststand von 9,31 Meter. Die Fluten breiteten sich aus weiter aus, wie die Behörden mitteilten. Mehrere Stadtteile standen dort bereits unter Wasser. Der Bürgermeister der Stadt, Sergej Salmin, warnte, das Hochwasser werde voraussichtlich erst am Mittwoch seinen Höhepunkt erreichen und „beispiellos“ sein.
Rettung von mehr als 90.000 Menschen vor anhaltendem Hochwasser in Russland und Kasachstan
„Jahrhundertflut mit apokalyptischen Ausmaßen“
Der Orenburger Gouverneur Denis Pasler forderte die Menschen auf, sich in sichere Teile der Stadt zu retten. In der Region Orenburg gilt der Ausnahmezustand. Mehr als 10.000 Häuser sind überschwemmt, mehr als 6.500 Menschen mussten sich in Sicherheit bringen und ihr Hab und Gut zurücklassen. Russische Staatsmedien sprechen von einer „Jahrhundertflut mit apokalyptischen Ausmaßen“.
Auch die Stadt Tjumen rechnete am Dienstag mit Rekord-Pegelständen. Die gleichnamige Region Tjumen sowie die Region Kurgan hatten bereits den Notstand ausgerufen. In der 300.000-Einwohner-Stadt Kurgan drohte laut Stadtverwaltung eine Überflutung des Flughafens.
Menschen rufen „Putin hilf!“
Besonders betroffen im Gebiet Orenburg ist die Stadt Orsk, wo Dämme gebrochen waren. Aber auch benachbarte Regionen klagen über steigendes Hochwasser. Im Gebiet Kurgan im Südwesten Sibiriens waren auf Fotos und Videos ebenfalls riesige überflutete Flächen zu sehen. Teils ragten von den Häusern nur Dächer aus dem Wasser. Menschen ließen sich mit Rettungsbooten in Sicherheit bringen.
Russlands Präsident Wladimir Putin, der laut Kreml fortlaufend über die Lage informiert wird, ordnete einen größeren Einsatz von Polizeipatrouillen an. Plünderungen sollen so verhindern werden. Auf einem Video war zu sehen, wie Menschen auf einem Platz „Putin hilf!“ riefen. Bisher schickt der Kremlchef Regierungsmitglieder in die Katastrophenregion, wo die Wasserstände durch die massive Schnee- und Eisschmelze im Uralgebirge begleitet von Dauerregen schnell angestiegen waren.
Kritik an Behörden in Kasachstan und Russland
Der kasachische Staatschef Kassym-Schomart Tokajew hatte bereits vergangene Woche „mit Blick auf Ausmaß und Konsequenzen“ von der vielleicht „größten Naturkatastrophe der vergangenen 80 Jahren“ gesprochen und den örtlichen Behörden vorgeworfen, keine ausreichenden Vorkehrungen für das Hochwasser getroffen zu haben.
Mittlerweile sind an den Rettungseinsätzen in Kasachstan 23.000 Mitarbeiter der Ministerien für Katastrophenschutz, Inneres und Verteidigung sowie der Geheimdienste beteiligt.
Auch in Russland bemängeln Kritiker, dass seit Jahren zu wenig getan werde, um sich gegen das Frühjahrshochwasser zu rüsten. „In Russland gibt es eine Katastrophe nach der anderen“, sagte die Putin-Kritikerin Julia Nawalnaja, Witwe des im Februar gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny. Die Machthaber seien wie immer nicht vorbereitet. „Im Winter sind sie nicht auf Frost und Schneefall vorbereitet, im Sommer nicht auf die Waldbrände, im Frühjahr nicht auf das Hochwasser“, sagte sie. Es stünden mehr als 18.000 bewohnte Grundstücke unter Wasser. „Aber Putins Beamte beeilen sich nicht, den Menschen zu helfen.“ Sie seien nur mit sich selbst beschäftigt.