Habeck will Umgehung von Russland-Sanktionen erschweren

Von | 24. Februar 2023

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Umgehung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland deutlich erschweren. Außenhandelsdaten deuteten darauf hin, dass EU-sanktionierte Güter „in erheblichem Maß“ aus der EU und damit auch aus Deutschland in bestimmte Drittländer ausgeführt und von dort nach Russland weiter exportiert werden, heißt es in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Papier des Wirtschaftsministeriums. Zuvor hatten die TV-Sender RTL und n-tv darüber berichtet.

Das Wirtschaftsministerium spricht von einem „drängenden Problem“ der Sanktionsumgehung. Deren verstärkte Bekämpfung sollte im Fokus eines elften EU-Sanktionspakets stehen. Hintergrund ist die Vermutung, dass etliche Güter, die wegen EU-Sanktionen nicht mehr nach Russland geliefert werden dürfen, immer noch über Umwege in das Land kommen. Als problematisch werden vor allem Komponenten für die Rüstungs-, Energie- und Weltraumindustrie angesehen. Im Verdacht stehen Staaten wie die Türkei, China oder Indien, die sich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligen.

Russland | Geschlossene GeschäfteGeschlossene Geschäfte westlicher Marken in einer Shopping Mall in Moskau

Unternehmen in der Pflicht

Habeck sagte den Sendern, aus Ländern, die nicht von Sanktionen erfasst seien, gehe die Lieferung von Lastwagen, Pickups oder anderen Geräte nach Russland seit Kriegsbeginn steil nach oben. „Es ist also offensichtlich, dass hier Sanktionen umgangen werden“, so der Grünen-Politiker. „Das geht nicht, das gehört sich nicht und das muss auch unterbunden werden.“ Das Wirtschaftsministerium will nun konkret Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. So sollen Exporte in bestimmte Drittstaaten nur noch bei Abgabe von transparenten „Endverbleibserklärungen“ im Rahmen der Ausfuhranmeldung möglich sein. „Das gilt für alle sanktionierten Güter, die von Bedeutung für die russische Kriegsmaschinerie sind. Dafür setzen wir uns auf EU-Ebene ein und passen die nationalen Regularien an“, heißt es.

Habeck sagte weiter, die Unternehmen müssten dann über eine Zollerklärung bestätigen, dass die Güter im Land bleiben. Vorsätzliche Falschangaben sollten künftig europaweit eine Straftat sein. Unternehmen in Drittstaaten, die ein Produkt mit EU-Herkunft, das auf der Sanktionsliste stehe, nach Russland weitergeben, sollen als Empfänger dieser Güter ausgeschlossen werden. „Die dürfen eben nicht mehr Abnehmer werden“, so Habeck. „Das ist ein harter Einschnitt für diese Unternehmen.“

Gemeinsame Analyse-Plattform

Zudem will die Bundesregierung Hinweise auf Sanktionsverstöße stärker fördern. Dafür wolle man mit den EU-Partnern Sektorsanktionen mit einer Informationsoffenlegungspflicht ergänzen, die sich an jedermann richte. Wer „sanktionsrelevante Informationen“ habe, müsse diese den Behörden melden. Deutschland und elf weitere EU-Staaten haben bereits eine Initiative für ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Umgehung von Russland-Sanktionen gestartet. „Umgehungstaktiken und Beschaffungsbemühungen der Russen werden zahlreicher und kreativer“, heißt es in einem Papier für Gespräche mit den anderen EU-Staaten. Es sei deswegen dringend nötig, dem entgegenzuwirken.

Menschenschlange vor einem Geldautomaten der Raiffeisen Bank in Simferopol, KrimMenschenschlange vor einem Geldautomaten der Raiffeisen Bank in Simferopol, Krim

In dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag, schlagen die EU-Staaten unter anderem den Aufbau einer gemeinsamen Analyse-Plattform vor. Über sie könnten konkrete Fälle und verdächtige Handelsströme untersucht werden. Zudem wird etwa dafür geworben, die Möglichkeiten zu erweitern, Firmen aus Nicht-EU-Ländern den Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu verwehren. Der Maschinenbauverband VDMA sprach von einigen gravierenden handwerklichen Mängeln in der Ausgestaltung der Sanktionen, die die wirtschaftliche Isolierung Russlands unnötig erschwerten. Die mögliche Umgehung von Sanktionen durch Lieferungen über Drittländer müsse konsequent verhindert werden.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor einem Jahr hat die EU neun Sanktionspakete gegen Russland auf den Weg gebracht. Das zehnte EU-Paket mit Russland-Sanktionen soll an diesem Freitag in Kraft treten. Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern militärisch nutzbare zivile Güter wie Drohnen an Russland liefern, soll die Anwendung des bestehenden Sanktionsregimes ausgeweitet werden. So sollen Firmen künftig fürchten müssen, den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren, wenn sie sich nicht an die Beschränkungen halten. Im ersten Schritt werden laut Kommission mehrere Unternehmen aus dem Iran sanktioniert, die an der Belieferung Russlands mit Drohnen vom Typ Shahed beteiligt sein sollen.

Ölpreisdeckel wirkt

Habeck ging im Interview mit RTL und n-tv auch darauf ein, dass zwar deutsche Unternehmen kein russisches Gas mehr einkaufen würden. „Über die LNG-Terminals der anderen Länder mag noch Gas aus Russland nach Deutschland kommen“, so der Minister. Das sei aber keine große Menge mehr. „Das Entscheidende, der entscheidende Schritt ist, dass die Ölpreise runter gedrückt werden. Russisches Öl kann nicht mehr voll bezahlt werden. Das wird wahrscheinlich nach all den Daten, die wir kennen, Russland am empfindlichsten treffen.“

Pipelines zum Transport von Gas am LNG-Terminal in Brunsbüttel Pipelines zum Transport von Gas am LNG-Terminal in Brunsbüttel

Rohöl sowie Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe aus Russland dürfen inzwischen nicht mehr nach Deutschland und in die meisten anderen EU-Länder importiert werden. Das soll dazu beitragen, die russischen Handelsgewinne zu begrenzen, und dadurch auch Russlands Fähigkeiten zur Kriegsführung einschränken. Medienberichten zufolge steht aber zum Beispiel Indien unter Verdacht, große Mengen russisches Rohöl billig einzukaufen und es in Form von Treibstoff teuer nach Europa weiterzuverkaufen.

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