Deutschland sei längst in den Fokus autoritärer Mächte geraten, sagte Justizminister Buschmann im Bericht aus Berlin. Beim inzwischen entlassenen Mitarbeiter des AfD-Politikers Krah handele es sich möglicherweise um keinen Einzelfall.
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat vor dem Hintergrund des Falls Jian G. im Bericht aus Berlin vor weiteren geheimdienstlichen Aktivitäten innerhalb der Parlamente gewarnt. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir auch in den nächsten Monaten noch weitere Enttarnungen vornehmen werden“, so der FDP-Politiker. Staatsanwaltschaften ermittelten allerdings nicht gegen Parteien, sondern Personen.
Deutschland sei „natürlich schon längst in den Fokus autoritärer Mächte geraten“, so Buschmann weiter. Diese Mächte bedienten sich auch geheimdienstlicher Mittel. „Wer sein Land liebt, verkauft es nicht“, so der FDP-Politiker. Der wegen mutmaßlicher Spionage für China in U-Haft sitzende Jian G. soll seine Tätigkeiten auch deutschen Nachrichtendiensten angeboten haben.
Jian G. war am Montag festgenommen worden. Er arbeitete für den AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilan Krah und war nach den Enthüllungen entlassen worden.
Auf die Frage, warum Buschmann nach der Festnahme gesagt habe, der Zugriff habe beschleunigt erfolgen müssen, antwortete er, man habe Sorge gehabt, dass Journalisten ein Interview mit dem Verdächtigen hätten führen wollen. Dies hätte „eine Art Vorwarnung“ gewesen sein können, so der Justizminister. „Sonst ist da nichts hineinzugeheimnissen.“
Bericht aus Berlin
„Schlimmer Angriff auf die Funktionstüchtigkeit unserer Demokratie“
„Wir sind ja stolz darauf, dass wir in der Demokratie selbstbewusste Parlamente haben, die auch in vertraulichen Angelegenheiten die Regierung kontrollieren“, sagte Buschmann. Werde das unmöglich gemacht, sei das „ein schlimmer Angriff auf die Funktionstüchtigkeit unserer Demokratie“.
Erste und wichtigste Aufgabe für alle seriösen Demokraten sei, Vertrauen bei den Menschen in breiter Mehrheit zu gewinnen. Sie seien ein besseres Angebot als autoritäre Populisten.
Rechtliche Regelungen, etwa bei der Polizei, könnten ebenfalls einen Beitrag leisten. „Aber es kann nicht ersetzen, dass seriöse Demokraten eins leisten müssen: dass die übergroße, weitgehende Mehrheit in diesem Land demokratische Parteien wählt.“
Agententätigkeit oder Einflussoperation?
Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) – ehemals Vizepräsidentin des Verfassungsschutzes – hatte an diesem Wochenende eine Gesetzeslücke kritisiert. Nach Strafgesetzbuch könne man „illegale Agententätigkeit“ sanktionieren. „Wir haben allerdings keine Möglichkeit, gegen staatlich gesteuerte Einflussoperationen strafrechtlich vorzugehen“, so Badenberg im Bericht aus Berlin.
Justizminister Buschmann reagierte zurückhaltend. Es gehe um die Frage der Meinungsbildung – diese mit Falschinformationen zu beeinflussen, würde in den angesprochenen Operationen versucht. Traditionell sei der beste Schutz dagegen „eine breite, diverse Medienlandschaft“, die Falschinformationen identifiziert und einordnet.
Er wolle sich „gar nicht absolut dieser Debatte sperren“, so Buschmann weiter. Man müsse aber das Spannungsverhältnis sehen: „Ab wann ist die Ultima Ratio des Strafrechts eigentlich das richtige Mittel, um in den Meinungskampf einzugreifen? Und da sind wir in Deutschland auch aufgrund unserer historischen Erfahrung traditionell eher zurückhaltend.“