Bei der Europawahlversammlung der Alternative für Deutschland (AfD) am Wochenende in Magdeburg sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes teilweise „rechtsextremistische Verschwörungstheorien“ verbreitet worden. Die Bewertung des Bundesamts ist eindeutig: „Die bisherige Europawahlversammlung der AfD, die wir als Verdachtsfall bearbeiten, belegt einmal mehr unsere Einschätzung, dass innerhalb der Partei starke verfassungsfeindliche Strömungen bestehen, deren Einfluss weiter zunimmt“, sagt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Will die AfD die Europäische Union verlassen?
Es zeige sich, dass „Personen, die in der Vergangenheit mit Positionen aufgefallen sind, die nicht mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind, der AfD-Delegation im kommenden Europäischen Parlament angehören werden“, sagte Haldenwang.
Die AfD hatte am Samstag und Sonntag in Magdeburg, der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, ihre ersten 15 Kandidaten für die Europawahl gewählt – ab Freitag sollen rund 15 weitere Kandidaten aufgestellt werden. Das Wahlprogramm soll erst nach der Listenaufstellung beschlossen werden. Erst dann wird feststehen, ob die AfD diesmal mit der Forderung antritt, die Europäische Union radikal zu reformieren, so dass wieder mehr Entscheidungen national getroffen werden. Es könnte sich aber auch das „Dexit“-Lager durchsetzen, das einen Austritt Deutschlands aus der EU befürwortet. Ein weiterer Streitpunkt dürfte die Haltung zur NATO sein.
Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, Maximilian Krah, will keinen Austritt Deutschlands aus der EU. Ein sogenannter Dexit stehe „nicht in unserem Programmentwurf“, sagte Krah im Deutschlandfunk. „Soweit mit dem Dexit gemeint ist, Deutschland geht heraus und alle anderen bleiben drin, dann wollen wir das nicht.“ Nötig sei aber eine grundlegende Reform „dieses bürokratischen Monstrums“.
Vokabular der Identitären Bewegung
Irmhild Boßdorf, die am Wochenende auf Rang neun landete, warb in ihrer Bewerbungsrede mit einem Schlagwort der Identitären Bewegung um Stimmen. Sie forderte eine „millionenfache Remigration“ und sagte, eher als den menschengemachten Klimawandel sollten die Deutschen den „menschengemachten Bevölkerungswandel“ fürchten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die Identitäre Bewegung in seinem aktuellen Bericht im Kapitel zu Rechtsextremismus auf.
Das Kölner Verwaltungsgericht hatte 2022 festgestellt, dass Aussagen wie „Remigration“ oder „Bevölkerungsaustausch stoppen“ ausländer- und islamfeindlich sind.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Diese Einstufung, die den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln erlaubt, hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.