Nach politischen Gesprächen in Brüssel sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, er habe für Montag in der litauischen Hauptstadt Vilnius ein Treffen zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson angesetzt. Damit wolle er die „Lücke schließen“, die zwischen beiden Ländern bestehe. Es sei „absolut möglich“ zu einer positiven Entscheidung zu kommen. Alle weiteren Verzögerungen würden nur von der verbotenen kurdische Arbeiterpartei PKK und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin willkommen geheißen, sagte er.
Im NATO-Hauptquartier waren zuvor die Außenminister Schwedens und der Türkei sowie Geheimdienstvertreter beider Länder zusammengekommen. Dabei habe es „gute Fortschritte“ gegeben, berichtete Stoltenberg. Der schwedische Außenminister Tobias Billström sagte nach dem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan und Stoltenberg: „Wir hoffen auf eine positive Entscheidung in der nächsten Woche, aber dies ist, und das möchte ich betonen, letztlich natürlich eine türkische Entscheidung.“
Ankara blockiert bisher
Neben Ungarn ist die Türkei das einzige der 31 Mitgliedsländer der Allianz, dessen Parlament die Beitrittsakte Schwedens noch nicht ratifiziert hat. Die Türkei wirft Schweden vor, Zufluchtsort für „Terroristen“ zu sein, womit vor allem Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint sind. Zudem äußerte Erdogan zuletzt scharfe Kritik an einer Koran-Verbrennung in Stockholm. Kristersson hatte am Mittwoch US-Präsident Joe Biden in Washington getroffen, der ihm erneut seine Unterstützung zusagte.
Schweden hatte wie Finnland nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 die Aufnahme in die NATO beantragt, Finnland ist bereits seit Anfang April Mitglied. Die Türkei blockiert aber den schwedischen Beitritt. Ab Dienstag treffen sich in Vilnius die Staats- und Regierungschefs der NATO.
Finnland ist neues NATO-Mitglied
Stoltenberg deutete auch eine mögliche Lösung im Konflikt um die neuen regionalen Verteidigungspläne an, denen Ankara bisher ebenfalls nicht zustimmen will. So soll in der Gipfelerklärung festgehalten werden, dass die Pläne nicht nur zur Abschreckung Russlands dienen, sondern auch zur Verteidigung gegen „Terrorismus“. „Der Kampf gegen den Terrorismus ist wichtig für die ganze Allianz“, betonte der Generalsekretär.
Kurde in Stockholm verurteilt
Stoltenberg verwies auf der Pressekonferenz in Brüssel auch auf ein Urteil, das Stunden zuvor in Stockholm gefallen war. Ein aus der Türkei stammender Kurde wurde in der schwedischen Hauptstadt wegen versuchter schwerer Erpressung, schwerer Waffenvergehen und versuchter Terrorfinanzierung zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht sprach ihn damit für den Versuch schuldig, einen kurdischen Geschäftstreibenden in Stockholm mit vorgehaltener Waffe zur Übergabe von Geld für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu zwingen. Laut Urteil muss der Mann nun abgeschoben werden.
Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Måns Wigén stufte ein schwedisches Gericht die PKK damit erstmals als Terrororganisation ein. Schwedens NATO-Antrag habe aber keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts gehabt, betonte er.