Russlandfreundlicher AfD-Außensprecher soll abgesetzt werden

Von | 2. November 2024

Matthias Moosdorf ist innerhalb der AfD eine eher ungewöhnliche Erscheinung. Das liegt vor allem an seinem Beruf: Moosdorf ist Cellist und spricht besonders gern über Musik – auch über Musik als diplomatisches Instrument. Besonders die Aussöhnung mit Russland liegt ihm am Herzen.

In seinen YouTube-Videos schwärmt er von der deutschen Klassik als Friedensstifter, zitiert Schillers „Ode an die Freude“: „Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt“, und beschreibt sein Engagement für Russland als Beitrag zur Aussöhnung.

„Wer sich mit Russland anlegt, endet wie 1945“

Moosdorf positioniert sich auch für AfD-Verhältnisse besonders prorussisch. Im Bundestag wettert er gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und unkt, wer sich mit Russland anlege, werde entweder „wie Napoleon 1812 oder noch schlimmer wie 1945“ enden.

2023, also nach Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, reiste er auf Einladung zum Wirtschaftsdialog nach St. Petersburg und schwärmte danach auf seinem YouTube-Kanal über die Stadt. „Sie finden keine europäische Stadt, die so sauber, so technisch innovativ, so gut entwickelt, infrastrukturell pünktlich ausgestattet ist.“

Für den AfD-Fraktionsvorstand ist das Maß voll

Der Cellist ist kein unbedeutendes Mitglied der Partei, sondern außenpolitischer Sprecher und Nachfolger von Petr Bystron, der bekanntlich im Verdacht steht, Gelder aus Russland angenommen zu haben. Nun könnte auch Moosdorf wegen seiner engen – vielleicht zu engen – Kontakte nach Russland ebenfalls den Posten verlieren.

Wenn der Fraktionsvorstand am kommenden Montag tagt, wird auf der Tagesordnung vermutlich auch der Umgang mit dem gebürtigen Leipziger Moosdorf stehen. Die Fraktion hat dies in den vergangenen Wochen geprüft. In einem Beschlussantrag zur „Causa Moosdorf“, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, steht, dass die Verbindung zu Russland „für das Ansehen von Fraktion und Partei schädlich“ sei.

Streitpunkt Honorarprofessur in Moskau

Worum geht es? Moosdorf hat als Cellist eine Honorarprofessur in Russland angenommen. Nebenberuflich will er an der international bekannten Moskauer Gnessin-Musikhochschule unterrichten.

In einer Erklärung an den Fraktionsvorstand weist Moosdorf zurück, dass diese Verbindung schädlich sei. Er bezeichnet die Annahmen als sachlich falsch und betont: Die Ausübung seines Berufs sei „Privatsache“.

So schreibt der außenpolitische Sprecher: „Neutralität hierbei entsteht schon dadurch, dass ich ohne politische Gewichtung überall dort auftrete, wohin ich in meiner wenigen Freizeit eingeladen werde.“ Zur Honorarprofessur erklärt er, dass es sich um eine „Ehrung“ handle. „Sie ist per Definition nicht mit Geldzahlungen verbunden.“

Arbeitet Moosdorf mit „Unwahrheiten“?

Das Problem ist, dass ihm das viele in der Fraktion nicht glauben. Immer wieder fällt das Wort „Lügner“ in Bezug auf Moosdorf, besonders im Arbeitskreis Außen. In einem Antrag zur Abwahl von Moosdorf als Arbeitskreisleiter wird als Begründung angeführt, dass er „regelmäßig mit Unwahrheiten“ arbeite und versuche, „an vereinbarten Kommunikationswegen vorbei Tatsachen zu schaffen“.

Besonders ärgerlich für die Fraktion war zuletzt, dass Moosdorf in diesem Jahr eine Reise nach Moskau antrat, obwohl ihm das ausdrücklich untersagt worden war. Dennoch fuhr er. Er soll auch Abgeordnete der Duma getroffen haben. Dafür erhielt er eine Strafe von 1.000 Euro, die er offenbar jedoch nicht bezahlen wollte. Man habe ihm deswegen zwei weitere Reisen nach Katar und Japan gestrichen, heißt es aus AfD-Kreisen.

Kuschelkurs mit Russland ist Parteilinie

Es ist keineswegs so, dass Moosdorf der Einzige ist, der Kontakte nach Russland pflegt. Ganz im Gegenteil: Man könnte sagen, enge Kontakte nach Russland gehören zum guten Ton in der AfD, der Kuschelkurs mit Russland ist Parteilinie.

Die AfD setzt sich immer wieder für ein gutes Verhältnis zu dem Land ein. So forderte Parteichef Chrupalla im Sommer das Ende der Sanktionen gegen Russland. Zuletzt standen Petr Bystron und Maximilian Krah im Verdacht, sich mit russischen Geldkurieren getroffen zu haben.

Wenig verwunderlich gratulierte Krah seinem Parteifreund Moosdorf zur Honorarprofessur: „Egal, was irgendwelche Banausen nun plärren: Glückwunsch, Matthias“, schrieb er bei X. Auch Jörg Urban, der Vorsitzende der AfD Sachsen, gratulierte ihm auf Facebook: „Ich bin froh, dass unsere AfD solche Friedensbotschafter wie Dich hat. Russland ist nicht unser Feind.“

Fraktion kritisiert Moosdorfs „Ego-Trips“

Moosdorf hat also prinzipiell durchaus Unterstützer für seine Kontakte nach Russland. Im Fraktionsvorstand aber ist man zusehends genervt, und das liegt vor allem an Moosdorfs unabgesprochenen so bezeichneten „Ego-Trips“.

In der AfD gibt es durchaus Strömungen, die eine „Professionalisierung“ anstreben. Ihnen missfällt es, wenn wegen solcher Aktionen der Anschein erweckt wird, dass sich die AfD von Russland kaufen lasse, dass die Partei williger Erfüllungsgehilfe des Landes sei. Für den Versuch, neue Wählergruppen zu erreichen, sei das wenig hilfreich.

Schon am Montag wird daher vermutlich die „Causa Moosdorf“ auf der Tagesordnung des Fraktionsvorstands stehen. Es gilt als wahrscheinlich, dass dort Sanktionen beschlossen und seine Abwahl vorangetrieben werden. Die Fraktion könnte dann schon am Dienstag seine Abwahl bestätigen. Dafür bräuchte sie eine Zweidrittelmehrheit. Moosdorfs Gegenspieler sind sich sicher: „Das geht durch.“

Stefan Keuter als Nachfolger?

Ob ein Austausch von Moosdorf das Außenbild der Partei allerdings geradebiegen würde, ist fraglich. Sollte Moosdorf abgewählt werden, wird Stefan Keuter als Nachfolger gehandelt. Auch ihm werden besonders enge Kontakte nach Russland nachgesagt. Keuter reist regelmäßig nach Russland, 2018 fuhr er auf Einladung des Kreml als sogenannter Wahlbeobachter nach Moskau und äußerte sich ganz im Sinne Putins.

Sollte Moosdorf abgewählt werden und Keuter übernehmen, würde sich die AfD also treu bleiben: Der außenpolitische Sprecher bliebe russlandfreundlich.

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