An diesem Donnerstag um 11 Uhr wird es laut – jedenfalls wenn alles so funktioniert wie geplant. Am bundesweiten Warntag soll über verschiedene Kanäle ein Probealarm ausgelöst werden. Was genau passiert und was zu beachten ist.
Mit dem vierten Warntag steht erneut ein bundesweiter Testlauf für die Alarmstrukturen in Deutschland bevor. Am Donnerstag um 11.00 Uhr wollen Bund und Länder probeweise ihre Katastrophenwarnsysteme auslösen, auch Kommunen können sich beteiligen. Ein Überblick.
Wie läuft der Warntag ab?
Gegen 11.00 Uhr löst das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) über das sogenannte Modulare Warnsystem des Bundes eine Probewarnung aus. Diese wird an sogenannte Warnmultiplikatoren geschickt.
Dabei handelt es sich um Warnappbetreiber wie die vom BBK betriebene Warnapp Nina, um Hilfs- und Rettungsdienste oder Medien, insbesondere Fernseh- und Radiosender. Aber auch Firmen wie die Bahn oder Betreiber digitaler Anzeige- und Stadtinformationstafeln gehören dazu. Diese sind verpflichtet, die Warnungen zu veröffentlichen.
Die von den Behörden vorformulierten Warnmeldungen werden dann sofort im Radio verlesen, auf Medienseiten im Internet eingespielt, erscheinen als Pushnachricht auf Smartphones oder auf rund 7900 Anzeigetafeln im Stadtbild und an Bahnhöfen. Zusätzlich aktivieren örtliche Katastrophenschutzbehörden bei Bedarf ihre Warnsysteme – etwa Sirenen oder Lautsprecherwagen.
Gegen 11.45 Uhr erfolgt die Entwarnung – außer über Cell Broadcast. Kommunen können sich freiwillig beteiligen.
Wozu dient der Warntag?
Mit dem jährlichen Warntag sollen die für Not- und Katastrophenfälle zur Verfügung stehenden Warnsysteme geprüft und technische Abläufe getestet werden. Der Stresstest der Warnsysteme soll Schwachstellen aufdecken. Der Warntag ist zugleich eine Übung, um Menschen mit den Abläufen bei behördlichen Alarmierungen vertraut zu machen und für das Thema zu sensibilisieren.
Die Bedeutung von Warnsystemen wurde im Sommer 2021 bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen deutlich, als Menschen nicht rechtzeitig über die drohende Gefahr informiert wurden. Danach kam eine breite Debatte über Verbesserungen in Gang.
Der Bund förderte unter anderem mit fast 90 Millionen Euro den Ausbau des Sirenennetzes. Zudem wurde ein bundesweites System für sogenanntes Cell Broadcasting aufgebaut. Darüber werden SMS-Kurznachrichten mit offiziellen Warnungen direkt an alle Handys verschickt, die mit dem Mobilfunknetz verbunden sind.
Was genau ist Cell Broadcast?
Der Mobilfunkdienst ermöglicht das massenhafte Versenden von Warnnachrichten über das Mobilfunknetz direkt aufs Handy. Der Dienst funktioniert ohne App. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Betriebssystem auf dem aktuellsten Stand ist, zudem muss das Handy eingeschaltet und darf nicht im Flugmodus sein. Ältere Geräte können Cell-Broadcast-Nachrichten zum Teil nicht empfangen. Die Nachrichten sind außerdem relativ kurz und können nur rudimentäre Informationen vermitteln.
Cell Broadcast gehört mittlerweile neben Warnapps und Sirenen zu den reichweitenstärksten und effektivsten Warnmitteln.
Wo werden auch Sirenen eingesetzt?
Es gibt noch keinen Überblick, wo derzeit Sirenen vorhanden sind und wo nicht. Ein bundesweiter Überblick fehlt immer noch, wie eine Sprecherin des BBK auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa einräumt. „Die Nachverdichtung von Sirenenstandorten liegt in kommunaler Hand und wird durch Bund und Länder mittels Förderprogrammen unterstützt“, teilt das Bundesamt mit. „Der Prozess zum Austausch der entsprechenden Standortdaten zwischen Bund, Ländern und Kommunen wird gegenwärtig optimiert, sodass von einem zukünftig genaueren Datenbestand ausgegangen wird.“
Im vergangenen Jahr war der Präsident der Behörde, Ralph Tiesler, da noch optimistisch gewesen. Im September 2023 sagte er, ein vollständiges und aktuelles Bild von den in Deutschland aufgestellten funktionstüchtigen Sirenen werde es 2024 geben. „Das bundesweite Sirenenkataster soll im Laufe des kommenden Jahres als Plattform mit tagesaktuellen Daten zur Verfügung stehen“, erklärte er damals.
Vielerorts sind in den vergangenen Jahren alte Sirenen ertüchtigt beziehungsweise neue moderne Sirenen installiert worden. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die verheerende Flut im Ahrtal 2021 ist bei vielen Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen die Überzeugung gewachsen, dass auch dieses Warnmittel für die Alarmierung der Bevölkerung in Krisen- und Katastrophenlagen zur Verfügung stehen sollte.
Wird die Wirksamkeit des Warntags überprüft?
Ja, zeitgleich mit dem Warntag startet eine Umfrage. Bürger können auf der Webseite www.warntag-umfrage.de ihre Erfahrungen mit der Probewarnung teilen. Erfragt wird beispielsweise, ob der Betreffende die Probewarnung über Cell Broadcast empfing, im Radio oder über einen anderen Kanal hörte.
Die Umfrage endet am 19. September. Das BBK wertet die Daten aus und veröffentlicht später einen Bericht.
Wie liefen die bisherigen Warntage?
Der erste bundesweite Warntag im September 2020 endete im Desaster, weil sich die zentrale Testwarnung des BBK um 30 Minuten verzögerte. Der damalige Behördenchef Christoph Unger musste seinen Hut nehmen, die Behörde wurde neu ausgerichtet. 2021 fiel der Warntag wegen der noch andauernden Verbesserungen der Alarmsysteme nach den Pannen des Vorjahres und den Erfahrungen bei der Flutkatastrophe im Sommer aus.
Beim Warntag am 8. Dezember 2022 wurden nach Angaben des BBK dann mehr als 90 Prozent der Menschen in Deutschland über mindestens einen Warnkanal erreicht.
Erstmals großflächig erprobt wurde vor zwei Jahren auch das neue Cell-Broadcasting-System, das auf Anhieb 54 Prozent der Menschen erreichte. Beim Warntag 2023 waren dies bereits 72 Prozent. Insgesamt wurden 96 Prozent der Menschen im vergangenen Jahr über irgendeinen Kanal erreicht.