In der Ukraine sind in den vergangenen 21 Monaten nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) mehr als 10.000 Zivilisten getötet worden – darunter über 560 Kinder. Da viele Leichen noch nicht identifiziert seien, dürfte die tatsächliche Todeszahl noch „erheblich höher“ sein, teilte das Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf mit. Zudem seien mithilfe der vor Ort stationierten UN-Beobachter bislang mehr als 18.500 verletzte Zivilisten registriert worden.
„10.000 getötete Zivilisten sind ein düsterer Meilenstein für die Ukraine“, sagte die Leiterin der UN-Mission in dem Land, Danielle Bell. Russlands Angriffskrieg entwickele sich zu einem langwierigen Konflikt, „dessen hohe menschliche Verluste schwer zu begreifen sind“. Viele Zivilisten würden weit weg von der Front durch russische Raketen getötet, fügte Bell hinzu – und betonte: „Kein Ort in der Ukraine ist völlig sicher.“
Die meisten Opfer unter den Zivilisten gibt es laut UN bei russischen Luftangriffen auf ukrainische Städte. Allein bei heftigen Kämpfen um die Hafenstadt Mariupol zu Beginn des Krieges seien viele Zivilisten verletzt oder getötet worden. Die Regierung in Moskau weist den Vorwurf zurück, vorsätzlich zivile Ziele anzugreifen.
Russische Truppen waren am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert. Sie halten etwa ein Fünftel des Nachbarlandes besetzt.
Selenskyj dankt Deutschland für neue Militärhilfe
Nach dem Besuch von Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius am Dienstag in Kiew hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj das neue Rüstungspaket aus Deutschland gewürdigt. Mit Blick auf die angekündigte Militärhilfe im Wert von 1,3 Milliarden Euro, die unter anderem neue Flugabwehrraketensysteme vom Typ Iris-T SLM enthalten soll, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft: „Dadurch werden unsere Städte und Tausende Menschenleben vor dem russischen Terror geschützt werden.“ Es handele sich um „ein neues starkes Unterstützungspaket aus Deutschland“.
Die Militärhilfe soll neben den Flugabwehrsystemen auch Panzerabwehrminen und Artilleriegranaten des NATO-Kalibers 155 Millimeter umfassen.
Ukraine hofft auf EU-Beitrittsentscheidung im Dezember
Trotz verhaltener Signale aus Brüssel hofft die Ukraine weiter auf eine schnelle Entscheidung für den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union. „Wir erwarten keinerlei Geschenke, doch möchte ich, dass man dennoch beachtet, dass wir ein Land im Krieg sind“, sagte Präsident Selenskyj am Dienstag in Kiew bei einer Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident Charles Michel und Moldaus Präsidentin Maia Sandu. „Wir haben alles getan, was wir konnten, und den Rest werden wir auch noch erledigen“, so Selenskyi mit Blick auf die geforderten Reformanstrengungen und die Bekämpfung der Korruption. Eine positive Antwort der Europäer werde den Ukrainern helfen, daran zu glauben, dass „Gerechtigkeit existiert“.
Die Erweiterung der EU wäre eine Investition in die Sicherheit des Kontinents und ein klares Bekenntnis des Blocks zum Frieden, argumentierte Maia Sandu. Sie appellierte an alle EU-Mitgliedstaaten, die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Moldau und der Ukraine auf dem EU-Gipfel im nächsten Monat einstimmig zu unterstützen.
Die EU-Kommission hatte den Mitgliedsländern Anfang des Monats empfohlen, Beitrittsgespräche mit der Ukraine und der benachbarten Republik Moldau aufzunehmen. Dies erfordert einen einstimmigen Beschluss der 27 EU-Staats- und Regierungschefs. Bei dem Gipfeltreffen am 14. und 15. Dezember in Brüssel steht das Thema auf der Agenda.
Manche europäischen Länder wie Ungarn oder Polen stehen einem EU-Beitritt der Ukraine skeptisch gegenüber.